Scene

Id
1066  
Name
Besuchszeit, 05.12.2013  
Summary
 
Position
21  
Scenetype
Off Camera  
Created At
2013-11-11 13:14:19  
Edited At
2013-12-06 13:06:36  
Show
Vendetta 97  


Kriss Dalmi: "Wo bringst du mich hin, Fettsack? Aaauuutsch!!!"

Ein schmerzhaftes Ziehen breitet sich unvermittelt in seiner Nackengegend aus. Böse funkelt der Serbe seinen breitgebauten, kahlgeschorenen Begleiter an, welcher ihn durch die steril-weißen, hell erleuchteten Korridore des medizinischen Palastes schleift, doch dessen Blick ist nicht auf ihn, sondern nach vorn gerichtet. Trotzdem lässt es sich der Krankenpfleger mit der Statur eines Mammutbaums nicht nehmen, seinem liebgewonnen Patienten "freundlich" zu antworten.

Krankenpfleger: "Kannst dich freuen, Kriss! Kriegst heute nämlich Besuch!"

Kriss Dalmi: "Besuch?!"

Krankenpfleger: "Uh-huh."

Er fragt nicht weiter nach. Er wird es ja ohnehin gleich erfahren, denn endlich sind die beiden am Ziel ihrer Reise angelangt: Eine graue Doppeltür, an dessen Flanke ein auf Augenhöhe an der Wand befestigtes Schild darauf hinweist, dass sich hinter dieser Doppeltür der Besucherraum verbirgt. Ein weiterer Korridor und eine weitere eiserne Gittertür führt die beiden in einen langen, abgeschlossenen Gang, dessen kahle, weiße Steinwein an der einen Seite von einer Reihe geschlossener Türen geschmückt wird. Eine von ihnen ist offen...

Krankenpfleger: "Da rein!"

Der bullige Begleiter führt ihn in eine Art Separee, in der MItte geteilt durch ein dickes Sicherheitsglas. Als der Osteuropäer realisiert, wer dort jenseits der Scheibe auf ihn zu warten scheint, hellt sich sein Blick prompt auf.

Kriss Dalmi: "Welch erfreuliche Überraschung!"

Auf der anderen Seite hat die Geschäftsführerin der PCWA Platz genommen, die den Serben mit einer kühlen Miene und verschränkten Armen mustert. Mit ihren hochgesteckten Haaren, der schneeweißen Hemdbluse und dem grauen Filzmantel wirkt sie so, als würde sie gerade von einem Geschäftstreffen kommen, was in ihrer Position wahrlich kein so abwegiger Gedanke ist. Seine spröden Lippen verziehen sich zu einem Lächeln, als der Riese mit dem kahlgeschorenen Kopf ihn auf den Stuhl platziert und danach aus der Kabine tritt.

Krankenpfleger: "Lass dir soviel Zeit wie du brauchst, Kriss. Aber benimm dich gefälligst! Klar?"

Der Serbe hört seinem Aufpasser jedoch gar nicht mehr zu, er nimmt seine Präsenz nicht mal mehr wahr. All seine Sinne sind nur noch auf seine prominente Besucherin gerichtet. Seine Peinigerin. Sie, die dafür verantwortlich ist, dass er sein Dasein nun in Gefangenschaft fristen muss. Seine lüsternen Augen wandern über ihre Arme, ihren Busen, ihren Hals, ihren Mund, ihre Augen, ihre Haare. Seine gierige Nase saugt ihr lieblich riechendes Parfüm und ihren wohligen Körperduft durch die kleinen Löcher des durchsichtigen Walls auf. In seinen Ohren hallt das dumpfe Pochen ihres Herzens wider und in seinem unersättlichen Mundtrakt kann er den von ihr in die Atmosphäre abgesonderten Schweiß auf der Zunge schmecken.

Kriss Dalmi: "Du bist die erste Person, die mich hier überhaupt besuchen kommt. Kannst du dir das vorstellen? Ausgerechnet du! Verrückt, oder?"

Sie hätte eigentlich damit rechnen können, dennoch ist sie selber darüber erstaunt, welch verstörender Anblick der breit grinsende Serbe mit der Zwangsjacke für sie bietet. Erst jetzt löst sie die verschränkten Arme und legt ihre gefalteten Hände auf der Tischplatte vor ihr ab.

Jona Vark: "Ich muss Ihnen leider sagen, dass mich das bei Ihnen nicht sonderlich wundert."

Kurzzeitig zwingen die Gesetze der Schwerkraft Kriss Dalmis Mundwinkel wieder nach unten. Da hat sie vollkommen recht! Wirklich viele Freunde hatte er ja nie. Auch nicht in der PCWA. Andererseits war es irgendwo auch egal... Wen interessiert dieses Schmierentheater denn noch? Ihn jedenfalls nicht! Sogleich kehrt die Freude in sein Gesicht zurück.

Kriss Dalmi: "Wie komme ich denn zu der Ehre deines Besuches? Wolltest du überprüfen, ob ich immer noch hier bin? Wolltest du sicherstellen, dass ich noch immer in Gewahrsam bin und nicht schon längst aus dem Verborgenen heraus meine nächsten Gewaltorgien in der PCWA plane, mit denen ich alles noch weiter ins Verderben stürze?"

Jona Vark: "Nein, Mister Dalmi, das wollte ich in der Tat nicht! Ich wollte mich nach der Gesundheit einer meiner Angestellten erkundigen. Ich wollte mir ein Bild von ihrem Genesungsprozess machen. Darum bin ich hier, denn, ob Sie es glauben oder nicht: Mir liegt etwas am Wohlbefinden meiner Worker, was sie miteinschließt..."

Der Serbe legt seinen Kopf schief, eine der wenigen Bewegungen, zu denen er im Moment im Stande ist. Aus großen Augen schaut er sie an, so als ob er die von Jona Vark gerade getätigte Aussage überhaupt nicht glauben könne. Dann beginnt er mit einem Mal vergnügt zu kichern.

Kriss Dalmi: "Bis auf die Tatsache, dass es in dieser ganzen verfickten Klinik kein AstroHappy gibt und dieser alte Hurenbock von einem Arzt es nicht mal zulässt, dass man mir Morphin verabreicht, geht es mir eigentlich ganz gut. So langsam fühle ich mich in diesem Scheißladen sogar richtig heimisch!"

Jona Vark: "Na ist das nicht wundervoll?!"

Kriss Dalmi: "Ja, oder? Der Aufenthalt hier bringt mich auch auf freundlichere Gedanken als nur Gewalt und Tod. Gestern Nacht träumte ich zum Beispiel von einer kilomeeeeterweiten Blumenwiese, deren unerschöpfliches Blütenmeer in der milden Nachmittagssonne in allen erdenklichen Farben erstrahlte. Kinder tanzten und sangen und lachten und erfreuten sich ihres jungen Lebens, als sie durch diese sonnengeflutete Szenerie tollten. Es war einfach nur wunderschön und hat mein verkümmertes, schwarzes Herz wieder zum Schlagen gebracht! Unglaublich, was so ein kalter Entzug und tägliche Gespräche mit einem kompetenten Psychiater alles bewirken können, findest du nicht?"

Sie schaut ihn an und versucht dabei ihr Pokerface zu wahren. Will er sie zum Narren halten oder meint er das ausnahmsweise mal ernst?

Kriss Dalmi: "Und welch interessante Leute man hier in der Geschlossenen erst kennenlernt! Letzten Montag beispielsweise habe ich mich mit einer jungen Frau unterhalten - ich glaube sie war 20 oder 21 oder sowas -, die mir nach einigem Nachhaken davon berichtete, dass sie als Jugendliche ihre Eltern im Schlaf mit 57 Messerstichen tötete... Oder waren es 58? Oder doch nur 56?"

Grübelnd schaut der ehemalige Cryption Crown Träger an die Zimmerdecke, scheint jedoch zu keinem konkreten Ergebnis zu kommen.

Kriss Dalmi: "Weiß ich grad nicht. Ist ja aber auch total egal! Jedenfalls bekam sie kurz darauf einen heftigen Heulkrampf und noch bevor ich erfahren konnte, warum sie das getan hat, haben mich die Spielverderber in Weiß von ihr weggezogen und sich anschließend um sie gekümmert. Dabei hätte ich doch zu gerne noch erfahren, warum sie das getan hat. Ich finde das hochinteressant!"

Ekel spricht aus dem verzogenen Antlitz der jungen Präsidentin, als sie den begeisterten Ausführungen ihres Gegenübers lauscht. Ablehnend und entschieden schüttelt sie den Kopf. Sie hätte es sich eigentlich denken können...

Jona Vark: "Sie haben sich kein Stück gebessert!"

Kriss Dalmi: "Aber seien wir doch mal ehrlich: Das muss ich auch nicht mehr, oder? Ich bin hier eingesperrt! Ich kann fürs Erste nicht mehr in der PCWA rumlaufen und Leuten wehtun. Du kannst dich also als Siegerin fühlen oder so!"

Die Handflächen der jungen Frau donnern auf die Tischplatte.

Jona Vark: "Darum geht es aber überhaupt nicht, Mister Dalmi! Ich will, dass Sie Ihre Probleme überwinden! Natürlich will ich, dass Sie wieder für die PCWA in den Ring steigen, aber ich will, dass Sie das im vollen Besitz Ihrer geistigen Kräfte tun, als Wrestler und nicht als ein von der Leine gelassener, tollwütiger Hund!"

Niederträchtiges, kehliges Lachen entfährt dem Serben, das die Repräsentantin von Vark Enterprises fragend die Augenbraue nach oben ziehen lässt.

Kriss Dalmi: "Das könnte sich aber durchaus als Problem herausstellen, mein kleines Blondchen. Mein behandelnder Arzt sagt nämlich, dass wir in dieser Hinsicht noch ein ganzes Bergmassiv voll Arbeit vor uns haben. Wenn du mir mit der Einweisung also einen längeren Zwangsurlaub verschreiben wolltest, dann hast du absolut alles richtig gemacht! So wie es aussieht werde ich diese wunderschön sterile Klinik in den nächsten Jahren nämlich nicht verlassen. Aber das habe ich auch gar nicht vor. Ich habe mich mit meinem Schicksal abgefunden und mir geht es hier, wie gesagt, prächtig!"

Der Blick der blonden Schönheit verfinstert sich. Sie rückt den Stuhl zurück, erhebt sich und beugt sich mit ihrem Oberkörper zu ihrem Gegenüber nach vorn, was auch Kriss Dalmi dazu bringt sein Haupt näher an die Scheibe zu bringen.

Jona Vark: "Ich habe Ihre Einweisung nicht angeordnet."

Das sagt sie ihm mit einer ungewohnten Kälte in der Stimme und ohne die geringste emotionale Regung im Gesicht. Sie lässt es in sein Bewusstsein einsickern. Forschend suchen die Sehorgane des Serben die Ihren ab. Hat er verstanden, was sie ihm gerade gesagt hat? Für einen Moment ist es still zwischen der Ligenpräsidentin und dem Insassen. Ein paar Sekunden des Schweigens vergehen, dann senkt der Belgrader den Kopf.

Kriss Dalmi: "Ach ja? Wer war es dann?"

Ein eingestehendes Seufzen verlässt die Lippen der Engländerin.

Jona Vark: "Ich weiß es nicht. Am Abend des COREs, nachdem, was Sie zusammen mit Azrael Rage Vincent Craven und Mike Garland angetan haben, war ich im Inbegriff, die Polizei zu rufen, als ich von einem Mitarbeiter darüber informiert wurde, dass Sie hier in die Berliner Charité eingeliefert worden sind. Ich kann zu diesem Zeitpunkt nur Vermutungen aufstellen, wer dafür verantwortlich ist. Es gibt in der PCWA verdammt viele Menschen mit verdammt guten Gründe dafür, sie aus dem Verkehr zu ziehen. Was ich aber mit Sicherheit sagen kann, ist, dass ich dieser Sache auf den Grund gehen werde. Ich werde herausfinden, wer Sie hierher verfrachtet hat, denn diese Person hat mit ihrer Tat meine Autorität untergraben und das dulde ich in meiner Liga genauso wenig wie Ihre ständigen Gewalteskapaden!"

Stille legt sich kurzzeitig über den Ort. Vieldeutig blinzelt der Junkie sie an. So als müsse er den Wahrheitsgehalt dieser Aussage erst noch für sich überprüfen. Jona Vark tauscht einen erwartungsvollen Blick mit ihrem Gegenüber hinter der beinahe fingerbreiten Scheibe aus.

Kriss Dalmi: "Ach so."

"Ach so". Das war's.

Jona Vark: "Ach so?"

Zwei gleichgültige Wörter. Mehr scheint dem AstroHappiker diese Geschichte nicht wert zu sein. Weder wirkt er sonderlich überrascht, noch sonderlich interessiert über den Fakt, dass, entgegen seiner Vermutungen, Jona Vark nicht diejenige war, die ihn in diese Nervenheilanstalt bringen ließ. Warum ist ihm das bloß so egal? Warum nickt er das alles einfach so ab, als würde es ihn nicht betreffen? Zum ersten Mal in dieser Konversation schleicht sich ein Anflug von Unsicherheit auf die Miene der Geschäftsführerin. Kriss Dalmi, hingegen, lässt sich, mehr oder weniger entspannt, in seinen Stuhl zurücksinken und lächelt selbstzufrieden.

Kriss Dalmi: "Na ja, du wirst schon das Richtige tun. Für das Wohl der PCWA und so... Ich werde so lange noch ein bisschen rumchillen und meinen Urlaub im weißen Märchenschloss genießen, okay?"

Wortlos erhebt sich Jona Vark von ihrem Platz, richtet das Revers ihrer Hemdbluse und schließt ihren Mantel. Sie muss hier weg. Jede weitere Sekunde mit diesem Mann ist verschwendete Zeit. Und Zeit ist etwas, wovon sie nicht sonderlich viel hat. Auf dem Absatz macht sie kehrt und lässt den Serben in seiner Kabine allein zurück, der sein Gesicht gegen die durchsichtige Wand drückt und ihr mit einem absurden, fratzenhaften Lächeln hinterherglotzt.

Kriss Dalmi: "Komm mich doch mal wieder besuchen! Es war schön mit dir!"



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