Scene

Id
1346  
Name
Revolving Door  
Summary
 
Position
37  
Scenetype
Live  
Created At
2014-02-21 15:17:00  
Edited At
2014-03-23 13:37:16  
Show
100. Vendetta  


Unruhig ist Alistair Brunswick nach dem Treffen in der Himmelsbar durch den Backstage-Bereich gewandert. Dabei hat er vor so mancher Tür kurz angehalten, die Hand schon fast zum Klopfen erhoben. „Ziehe die Schwankenden auf Deine Seite!“, so lautet der vierte Grundsatz aus Sun Tzus Lehrbuch über die Kunst des Krieges. Je länger dieser Abend bereits andauerte, desto sicherer wurde der Kalifornier, dass ihm heute Abend tatsächlich ein Krieg in Form eines Matches bevorstand, über das die Menschen noch lange sprechen würden. Und genau deshalb musste er gut vorbereitet sein.

Was genau hat man sich aber unter einer „schwankenden Person“ vorzustellen? Gewiss fielen Alistair viele Männer und auch Frauen in der PCWA ein, die er nicht genau einschätzen konnte. Welche davon aber konnten ihm nützlich sein, welche sollte er ansprechen? So stand er nacheinander an den Türen von Leuten wie Chris McFly jr, Díego Alejandro Sanchéz oder sogar Le Boy Toy, hatte aber immer wieder einen Rückzieher gemacht. Irgendwie hatte es bei keinem von ihnen „klick“ gemacht, irgendwie hatte sich vor ihren Türen nie die Erleuchtung eingestellt „Hey, genau, diese Person hilft dir aus deinem Schlamassel“.

Alistair hat seine Suche schon fast aufgegeben und seine Schritte in Richtung der Kantine gelenkt. Eine kleine Stärkung in Form eines Apfels oder einer Banane würde ihm jetzt sicherlich nicht schaden, denn schließlich wird er nachher alle Energien gebrauchen können. Das harte Training mit Azrael in den letzten Tagen hatte seine Speicher fast vollständig geleert, nun hieß es sie wieder aufzufüllen.

Er hat sein Ziel fast schon erreicht, als ihn wie so häufig der Zufall mit dem symbolischen Holzhammer trifft. Und zwar in Form eines fast schmächtigen Jungen, der just in dem Moment die gläserne Drehtür zur Kantine passieren will, als auch Alistair eintreten möchte. Nur, dass dieser sie entgegen der eigentlich üblichen Richtung benutzt, was logischerweise zu einem gewissen Interessenskonflikt führt.

Zuerst bemerkt Alistair gar nicht, was ihn aufhält. Als die Tür stockt, packt er den stählernen Handlauf etwas fester. Die Tür aber bewegt sich nur minimal weiter. Erst als er erstaunt den Kopf hebt, erkennt er, dass auf der anderen Seite der Glasscheibe, welche die einzelnen Zellen der Drehtür voneinander trennt, eine andere Person steht, welche diese in die andere Richtung drückt. Genau so vergeblich wie er selbst.

Alistair: „Blake Milton…“

Irritiert starrt der Junge ihn mit seinen großen, leeren Augen an und scheint erst viel später mitzubekommen, in welcher Lage er gefangen ist. Er wirkt erstaunlich panisch, denn sein Kopf geht hin und her, als würde er einen Ausgang suchen – noch immer ist da der nasse Fleck auf seiner Hose und Blake will nicht, dass Alistair ihn bemerkt. Er räuspert sich also und schenkt seine ganze Aufmerksamkeit dem Pappbecher in seiner Hand, für dessen Inhalt er einem Getränkeverkäufer erst einen Nikotinkaugummi ins Haar schmieren musste.

Miltons Hand ruht demonstrativ auf der Glasscheibe der Tür. Brunswick darf nicht nach unten auf den Fleck sehen, der so aussieht, als hätte er eingemacht. Er schlürft provokant einen Schluck vom Becherinhalt ab, der ihm erst diese missliche Lage um seine Hose beschert hat.

Schnell reicht es Alistair. Ohne den Handgriff loszulassen, zischt er sein Gegenüber hinter der Glasscheibe an.

Alistair: „Du musst rückwärts gehen, sonst kommen wir beide nicht voran.“

Blake Milton: „Warum? Ich war als erstes hier und bin eigentlich schon durch. Was ist dein Problem?“

Auch er drückt jetzt mit beiden Händen gegen die Tür, wobei er krampfhaft darauf bedacht ist, den Pappbecher gerade zu halten, doch vergebens. Etwas Grünes schwappt daraus hervor.

Alistair verdreht die Augen. Zwar hat Blake Recht (mit einem einzigen Schritt zurück könnte Alistair den Drehtürbereich schnell wieder verlassen), aber warum sollte ausgerechnet er nachgeben? Genervt bemüht er sich um einen neutralen Tonfall anstatt die langsam in ihm aufkommende Wut heraus zu lassen.

Alistair: „Drehtüren benutzt man gegen den Uhrzeigersinn. Muss man dir denn alles erklären?“

Wie um seine Worte zu bekräftigen, drückt er noch einmal fester, aber Blake hält dagegen, so dass es bei der Pattsituation bleibt. Integration war noch nie Miltons Stärke.

Blake Milton: „Hab ich da eine Spur von Rassismus rausgehört? Ich meine… ich komme aus Australien. Wir haben Linksverkehr und das Wasser im Scheißhaus läuft bei uns auch andersrum ab. Kein Grund mich anzumachen, nur weil ich die Dinge anders angehe als ihr...“

Nun reicht es Alistair. Was für ein Problem hat dieser Junge? Hatte ihn der lange Aufenthalt im Keller zugesetzt, der Einfluss von Eleven oder doch die Niederlage gegen NEON LOVE und Eri Osada vor einigen Monaten? Blakes Gemütszustand reicht von naiv über manisch hin zu dem, was man fast als Wahnsinn beschreiben könnte. Irgendwie…

Schwankend.

In diesem Moment fällt es Alistair wie Schuppen von den Augen. Wenn jemand in der PCWA als schwankend bezeichnet werden kann, dann ist es Blake Milton. Ist er etwa derjenige, den er die ganze Zeit gesucht hat, der das fehlende Glied in seinem Plan ist?

Von einem Moment auf den anderen wechselt Alistairs Miene von Skepsis zum besten Zahnpastalächeln. Er hält den Handlauf zwar immer noch fest in der Hand, um nicht unabsichtlich zurück gedrängt zu werden, beugt sich aber ein Stück nach unten, um mit Blake auf Augenhöhe zu sein. Wenige Zentimeter und eine Glasscheibe trennen die beiden nur, auf der Alistairs Atem kondensiert.

Alistair: „Okay. Ich wollte ohnehin mit dir sprechen. Warum nicht also gleich hier?“

Die Tatsache, dass Blake gerade in der gläsernen Zelle gefangen ist und weder vor noch zurück kann, kommt Alistair recht gelegen. Das aber sagt er natürlich nicht.

Blake Milton: „Was willst du? Dich mit mir versöhnen?“

Alistair schüttelt den Kopf. Er sollte diesen Blake Milton niemals unterschätzen. Er mag vielleicht wie ein zu groß geratener Junge wirken, doch irgendwie spürt Alistair, dass weitaus mehr in diesem Burschen steckt.

Alistair: „Die Spatzen pfeifen es von den Dächern. Du willst an der Cotatores Trophy teilnehmen?“

Blake senkt den Kopf, denn nein, eigentlich weiß er noch nicht, ob er daran teilnimmt. Er schwankt und will endlich wieder sein Smartphone hervorziehen, um zu gucken, ob er irgendeine Antwort erhalten hat. Aber wenn er das tun würde, müsste er von der Tür ablassen. Doof das.

Der Kalifornier hatte mit dieser Reaktion gerechnet. Es ist zwar ein offenes Geheimnis, aber anscheinend sieht Blake das wohl anders. Und warum sollte er ausgerechnet Alistair mehr darüber verraten?

Alistair zuckt mit den Schultern.

Alistair: „Aber natürlich. Surprise, suprise. Wir werden nachher alle ganz überrascht tun, wenn du auf einmal in diesem Match auftauchst. Sicherlich kannst du einigen Leuten etwas vorgaukeln, aber ich kenne dich mittlerweile viel zu gut. Sag an: Die Cotatores Titles, die ich dir trotz deiner Niederlage beim Imperial Impact geschenkt habe, hast du die eigentlich noch? Hätten die Fans damals eine andere Wahl getroffen, dann gäbe es heute die Trophy nicht und wir beide müssten uns heute keine Gedanken um dieses Match machen.“

„Und Cinderella wäre niemals auf den abstrusen Gedanken gekommen, mich mit ihrem Vater in einem Team dafür anzumelden“, fügt er grimmig in Gedanken hinzu. Aber es hilft nichts, über feststehende Entscheidungen zu lamentieren.

Natürlich hat Blake die Titel noch. Sie gehören schließlich in seine „Familie“ und nicht in die von Alistair! Sein Blick wandert nach unten, während seine Hände immer fest gegen die Glasscheiben gepresst sind. Der Gedanke, dass sein Dad heute nicht bei ihm sein kann, macht ihn mürbe. Kein Wunder, dass er sich an so an Eleven und Barker klammert. Und der Gedanke an Azrael Rage, der Lucifer sein Karriereaus beschieden hat, verstimmt Blake in diesem Moment gerade mehr als ihm lieb ist.

Blake Milton: „Ich kann nichts dafür, wie die Fans sich entschieden haben… und es ist mir auch egal. Wichtig waren nur… die Titel…“

Alistair legt den Kopf leicht schief und blickt ihn forsch an.

Alistair: „Die ICH dir geschenkt habe, vergiss das nicht. Du schuldest mir also was.“

Verstört schaut der Junge wieder zu Alistair auf. Er hat damals dessen Intension, die Titel mit einer Schenkung weniger attraktiv für Blake zu machen, nicht verstanden. Ihm ging es tatsächlich nur darum, dass er sie bekommt – egal WIE. Hätte Alistair das damals gewusst, dann hätte er wahrscheinlich viele Dinge anders gemacht, aber dann würde sich dieser Umstand heute nicht als rettende Erleuchtung herausstellen.

Blake wirkt irgendwie ratlos. War das richtig, was er da gemacht hat? Entsprach das der Norm? Entspricht das Barkers Anforderungen? Alistair tippt mit der Fingerspitze gegen das Glas, weil ihm die Reaktion von Blake zu lange dauert. Er riskiert es.

Alistair: „Ist doch so, oder? ICH habe sie dir geschenkt, damit du sie… deinem Dad wieder zurückgeben konntest. Ich hätte sie auch behalten können, aber das habe ich nicht, right?“

Der Junge nickt. Und so auch Alistair. Der Fisch ist am Haken. Nun heißt es nur noch hoffen, dass er keinen Hai erwischt hat.

Alistair: „Gut. Viele hier in der PCWA halten dich für wahnsinnig, aber ich denke, dass du genau weißt, was du tust. Und deshalb mache ich dir auch dieses Angebot, das nur zu deinem Vorteil sein kann. Weißt du, im Grunde genommen habe ich nichts gegen dich. Du warst immer der Sonderling, der Außenseiter. Als wir damals um Cinderella gewetteifert haben, da konnte ich dich nicht leiden, das gebe ich zu. Aber ich bin nicht nachtragend, jeder bekommt das, was er verdient. Ich sitze abends mit der heißesten Frau der PCWA im Whirlpool und schlürfe Champagner… und du…“

Er wirft einen flüchtigen Blick in Blakes Becher, dessen halber Inhalt mittlerweile auf dem Fußboden gelandet ist, weil es recht schwierig ist, sich gegen die Glasscheibe einer Drehtür zu lehnen, wenn man einen bis zum Rand gefüllten Becher in der Hand halten muss.

Alistair: „… und du trinkst Waldmeisterbrause aus dem Pappbecher.“

Blake murmelt so, als wäre ihm Alistairs Reaktion auf seine Lieblingsgetränk völlig unverständlich.

Blake Milton: „Ich mag Waldmeisterbrause…“

Da muss selbst Alistair schmunzeln.

Alistair: „Fine. Auch wenn du nicht darüber reden willst, weil, surprise, surprise und so, weiß ich dennoch, dass du an der Challenge teilnehmen willst und dass dir dementsprechend auch die Trophy wichtig ist. Und genau deshalb habe ich dir etwas vorzuschlagen…“

Er blickt sich kurz um. Schnell entdeckt er dabei die Überwachungskamera und das Richtmikrofon unter der Decke, die sicherlich jedes seiner Worte einfangen. Verdammt. Alistair grübelt kurz, dann kommt ihm eine Idee. Er beugt sich noch etwas weiter nach vorne, so dass sein Gesicht fast die Glasscheibe touchiert. Dann atmet er aus, so dass diese erneut beschlägt.

Mit dem Zeigefinger malt Alistair eine kurze Botschaft in Spiegelschrift auf die Scheibe. Er lächelt, während er Blakes Reaktion genau im Auge behält.

Blakes Augen weiten sich und er nickt knapp.

Einen Wimpernschlag später ist die Schrift auch schon wieder verschwunden. Alistair zwinkert Blake noch einmal zu, dann macht er einen Schritt zurück, schlüpft aus der Glastür und lässt Milton an sich vorbei ziehen. Als dieser außer Sichtweite ist, kramt er den bereits mehrfach zitierten Zettel und seinen Stift aus der Tasche, um die dritte Notiz zu machen.

 

Mike Garland: "Läuft das Wasser in Australien wirklich andersherum im Klo herunter?"

Vincent Craven: "Meinst du nicht, dass es hier wichtigere Themen gibt?"

Mike Garland: "Zum Beispiel?"

Vincent Craven: "Dass Alistair Brunswick und Blake Milton in der Tat - wenn auch inoffiziell - die Cotatores Titles gemeinsam hielten. Und dass nach dem Aufeinandertreffen von Azrael Rage und Robert Barker nun auch Alistair Brunswick und Blake Milton aufeinandergetroffen sind? Und wenn Milton seinen Wunsch bekommt, werden sich die Beiden nachher im Ring wiedersehen."

Mike Garland: "Ich bin übrigens immer noch nicht damit einverstanden, dass Alistair davon aussgeht, dass Robert Barker sein Freund ist. Sehen die sich nachher bei der Cotatores Challenge. Und dann ist da absolut nichts von Freundschaft zu sehen, Freundchen."

Vincent Craven: "Abwarten, ob Barker wirklich von Milton überredet wird."



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