Scene

Id
1579  
Name
Vergessen. Verantwortung.  
Summary
 
Position
22  
Scenetype
Live  
Created At
2014-05-19 21:03:29  
Edited At
2014-05-24 16:45:42  
Show
Vendetta 102  


„Sie dürfen hier nicht rauchen.“

Hans-Peter Neumann macht diesen Job nun schon eine ganze Weile und hat genau die richtige Mischung aus Ruhe und Ärger in seiner Stimme, um diesen jungen Hüpfern Monat für Monat klar zu machen, dass er im ersten Moment zwar freundlich ist, aber nicht unbedingt bleibt. Denn Rauchen ist nicht nur tödlich, sondern außerdem auch noch – und einzig das ist relevant – verboten! Was diese Wrestler in der Halle machen, ist ihm egal, das ist nicht sein Bereich. Was sie im Keller machen ärgert ihn zwar, doch niemand Bestimmtes wurde für jenen Bereich eingeteilt, um die Regeln durchzusetzen und so konnte jeder beruhigt davon ausgehen, dass einer der Kollegen sich darum kümmern würde. Aber hier, in seinem Korridor, regiert Hans-Peter mit eiserner Faust und ohne jede Furcht.

Hans-Peter Neumann: „Hallo? Ich habe sie darum gebeten ihre Zigarette auszulöschen.“

Keine Reaktion des langhaarigen Kerls. Noch ein Grund mehr für Hans-Peter um sich zu ärgern. Zu seiner Zeit hätte man solchen „Männern“ einen richtigen Haarschnitt verpasst. Aber daran kann er leider nichts ändern und außerdem geht der stinkende Qualm vor.

Hans-Peter Neumann: „Entschuldigen Sie bitte, aber es reicht nun wirklich. Sie wissen ganz genau, dass hier nicht geraucht werden darf. Es geht um Brandschutzmaßnahmen und Sicherheitsrichtlinien. Wollen sie wirklich die Sicherheit all ihrer Kollegen in Gefahr bringen, nur weil sie zu faul sind kurz raus zu gehen?“

Er packt den Kerl, der einen schwarzen Overall trägt an der Schulter und dreht ihn schwungvoll zu sich. Der Qualm der ihm dabei in die Nase steigt ist gar nicht so schlimm, wie er befürchtet, doch Regeln sind Regeln.

Hans-Peter Neumann: „Ich bitte Sie noch einmal darum ihre Zigarette auszulöschen, ansonsten liegt es in meiner Verantwortung die Sicherheitskräfte zu rufen und sie entfernen zu lassen.“

Der junge Mann starrt ihm genervt in die Augen – genervt sind sie fast immer, daran hat er sich längst gewöhnt – und schmeißt dann die Zigarette zu Boden, wo er sie mit seinen schweren Stiefeln austritt. Hans-Peter fallen in diesem Moment die Handschuhe auf. Unsägliche Primadonnas. Sie alle mussten ihren persönlichen Stil durchdrücken. Handschuhe im Gebäude? Das geziemt sich vielleicht einer Dame, aber doch keinem echten Mann. Die verweichlichte Generation von heute wusste nicht mehr, wie man sich anständig anzieht.

Robert Barker: „Deine Verantwortung, huh? Bist du jetzt zufrieden?“

Hans-Peter ist schockiert. Was für ein Benehmen. Am liebsten würde er dem jungen Pimpf vor ihm eine Standpauke über Müllentsorgung und Recycling halten.

Robert Barker: „Ich sehe dir an, dass du vorhast etwas zu sagen und deshalb will ich dir einen Rat geben. Lauf weg! Lauf weg und komm nie mehr zurück!“

Der Mittfünfziger mit dem 400-Euro Job stolpert einen Schritt zurück.

Robert Barker: „Denn vor nicht all zu langer Zeit hat mich eine Frau ungefragt angespuckt und geschlagen und in meinem Versuch ein besserer Mensch zu sein, habe ich sie dafür nicht in Stacheldraht gekleidet… Und du kannst mir glauben, die Versuchung so verdammt groß, denn ich konnte sie schon vorher nicht sonderlich leiden und ich bin mir absolut sicher, dass es ein verschissenes Vergnügen gewesen wäre ihr etwas anzutun... Etwas, das ich mir eigentlich nicht eingestehen sollte… aber eine Fantasie, die genau in diesem Moment wieder hochkocht.. wenn du verstehst, was ich meine.“

Er geht einen Schritt auf den älteren Herrn zu. Drückt ihm den behandschuhten Finger auf die Brust.

Robert Barker: „Wenn du mir also schon meine einzige verdammte Zigarette nicht gönnst.. meine erste nach sehr, sehr langer Zeit.. dann solltest du besser dafür sorgen, dass der Grund, warum ich wieder angefangen habe diesen Scheiß einzuatmen sich nicht in deiner hässlichen alten Fratze manifestiert, denn ansonsten könnte es sein, dass ich feststelle, dass es in den Bereich meiner Verantwortung fällt dich zu... entfernen, du.. beschissener.. alter.. Bastard!“

Jeder Farbe ist aus dem Gesicht von Hans-Peter Neumann verschwunden. Der Sauerstoff in seiner Lunge hat sich zu einem festen Klumpen verformt, der nun seine Luftröhre versperrt. Er kann nicht atmen, kann nicht reden. Diese Augen. Diese Stimme. Diese Wut. Er muss hier weg. Schnell. Ganz schnell. Fast würde er lieber die Rauchmelder im Keller kontrollieren.
Er läuft rückwärts, dreht sich. Rennt humpelnd davon.

Robert Barker: „Gottverdammt.. großartige.. Idee.“

Barker atmet kräftig aus. Fast als könne er dadurch Druck abbauen, der ihn innerlich kurz vorm Platzen hat. Diesen unschuldigen alten Mann ein wenig Respekt… vielleicht sogar ein wenig Furcht beizubringen hat gut getan, aber im Endeffekt kam das Schuldgefühl zurück. Am Ende blieb dieser Kerl eben genau das. Ein unschuldiger, alter Mann. Ein Niemand, der seinen Zorn nicht verdient.

Sein Handy springt an und reißt ihn für den Moment aus seinen Gedanken.
„Break on through (to the other side)“ von den Doors. Großartiger Song. Allerdings nicht sein Klingelton. Eigentlich. Als er den Namen “BLAKE” auf seinem Display sieht, weiß er allerdings, wer dafür zuständig ist, dass er geändert wurde. Blake kennt keine Scham, wenn es um Barkers Besitz geht und hatte bestimmt wieder einen mehr oder weniger sinnvollen Grund, warum das sein musste.

Robert Barker: „Wo bist d—“

Er wird sofort abgewürgt. Blake spricht wie ein Wasserfall. Erzählt. Von seiner Idee für ihr Match. Von einer Überraschung. Von ihm.

Robert Barker: „Jetzt atme erstmal durch. Wovon redest du da?“

Und dann erzählt Blake noch einmal. Mit mehr Satzzeichen, mit Atempausen und mit logischem Zusammenhang.

Robert Barker: „Nein... Nein! Definitiv nicht! Es geht gegen den Blues. Wir beide, gegen die beiden. Fair. Mehr nicht! Das haben wir klipp und gottverdammt klar abgesprochen… Ja, ich weiß, dass du das Match nicht wolltest. Aber ICH wollte es und WIR sind ein TEAM! Gottverdammt! … Nein, Blake, nein! Ich werde nicht…“

Blake unterbricht ihn offensichtlich erneut. Erklärt. Sorgt für Kopfschütteln beim ehemaligen Undisputed Gerasy Champion. Blake erzählt und erzählt und lässt Robert gar keine Wahl. Wie immer agiert er mit einer Politik der geschaffenen Tatsachen und Robert muss sehen, wie er damit klarkommt. Hat längst alles in die Wege geleitet und natürlich muss es genauso laufen, wie er es sich wünscht, weil es Sinn macht und logisch ist. Pissficke. Blake will einfach nur seinen eigenen Willen durchsetzen und zwingt Robert mitzuziehen. Klar, manchmal ist das genau das, was er braucht, aber manchmal…

Robert Barker: „FUCK!“

Mit aller Gewalt schmeißt Robert das Handy gegen die nächstbeste Wand, beendet das Telefonat mit Blake damit auf deutlichste Art. Mehrere Augenpaare schauen ihn erschrocken aus dem Hintergrund an, unsicher, wie sie reagieren sollen beim Anblick des tobenden Superstars. Aber Barker schenkt ihnen überhaupt keine Beachtung. Zu sehr steckt er in seinem eigenen Kopf fest.

Er hat versucht der Welt zu beweisen, dass er mehr sein kann, als der Schlächter. Dass er ein „richtiger“ Wrestler sein kann. Dass er fair und sauber und normal sein kann…Pure Wrestling and shit. Und was bekommt er als Dank dafür?

Die Fans verspotten ihn und halten ihn für eine Witzfigur.
Jemand wie Bleed provoziert ihn ungeniert und zeigt nicht den geringsten Anflug von Angst.
Die PCWA-Angestellten haben keinen Respekt vor ihm, solange er sie nicht bedroht und behandeln ihn, als wäre er
einer von ihnen.
Und jetzt auch noch Blake.
Blake. Sein engster und im Grunde einziger Vertrauter in der PCWA setzt ihm jetzt so eine Scheiße vor. Egal, was er behauptet, dieser Vorschlag ist ein deutliches Zeichen, dass selbst sein Tag Team Partner nicht mehr an ihn glaubt.
Was ist verdammt noch mal geschehen? Wo ist es schief gelaufen? Wo hat er den richtigen Pfad verlassen und ist in diese Scheißgrube gefallen in der ihn jeder Tag für Tag ein bisschen tiefer eingräbt?

Wütend tritt er einen kleinen Plastikmüllereimer so heftig gegen die Wand zu seiner Linken, dass man meinen könnte, er wolle ein Loch hindurchbrechen.

Anstatt diese neue, faire, friedliche Seite an Robert Barker schätzen zu lernen und die Chance zu ergreifen damit etwas, das die PCWA beinahe in den Untergang getrieben hat, vielleicht für immer zu töten, hat sie lediglich vergessen. Hat vergessen wer Robert Barker ist. Hat vergessen, wozu er in der Lage ist. Hat vergessen ihn zu fürchten.
Vielleicht ist es Zeit die PCWA wieder daran zu erinnern, wer Robert Barker eigentlich ist. Vielleicht ist es Zeit endlich wieder Verantwortung zu übernehmen.

Er sieht dem Mülleimer hinterher, den er durch den Flur gekickt hat und der nun direkt unter einem Werbeplakat für den Brawlin‘ Rumble X zum Stehen kommt.

 

Mike Garland: "Irgendwie scheinen sich heute alle miteinander verschworen zu haben, Robert Barker gemeinsam auf den Senkel zu gehen. Erst Bleed und jetzt auch nur dieser Aushilfs-Hausmeister."

Vincent Craven: "Im Gebäude ist das Rauchen nun einmal verboten. Dafür gibt es draußen vor dem Foyer doch extra diesen abgetrennten Raucherbereich mit dem kleinen Aschenbecher daneben..."

Mike Garland: "Es geht hier doch nicht um das Rauchen. Wir sprechen hier immer noch von Robert Barker, dem Schlächter. Es gab einmal Zeiten, da hätte ihn jemand von der Crew nicht einmal anzusprechen gewagt, wenn er hier drin einen Scheiterhaufen angezündet hätte. Und nun meint ihm jeder Vorschriften machen zu können?"

Vincent Craven: "Auch Blake scheint für Robert momentan ein rotes Tuch darzustellen. Der Australier hat sich bisher noch nicht hier blicken lassen und das Telefonat eben war das einzige Lebenszeichen, was wir heute von ihm mitbekommen haben. Eine gute Matchvorbereitung sieht anders aus."

Mike Garland: "Ich befürchte, dass nicht nur Plastikmülleimer daran glauben müssen, wenn dieser Tag für Barker so weiter geht."



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