Scene

Id
2034  
Name
Oink, oink!  
Summary
 
Position
4  
Scenetype
Off Camera  
Created At
2014-12-21 02:17:59  
Edited At
2014-12-22 16:23:46  
Show
Behind the Blood  


„National City – San DIEGO County. Wäre es nicht so verfickt traurig, würde ich mich auf dem Boden kugeln vor lachen... Ist euch eigentlich bewusst, wie sehr eure Anwesenheit den Namen dieser Stadt konterkariert?“

Kriss Dalmi schnippst den orange glimmenden Zigarettenstummel zwischen seinen Fingern in Richtung der zwei Mexikaner, die gerade damit beschäftigt sind einige Müllsäcke in einen riesigen Stahlcontainer zu verladen, und lässt die geisterhaften Rauchfäden in den Nachthimmel entfliehen.

Kriss Dalmi: „Daym Mexicains!“

...stößt er mit dem wundervollsten Southern Drawl, zu dem der Serbe im Stande ist, halb humorvoll, halb rassistisch gemeint hervor, ohne dass die Angesprochenen davon wirklich Notiz nehmen. Zumindest glaubt er, dass es sich bei den beiden Arbeitern um Mexikaner handelt. Eigentlich ist dies aber auch nur ein weiterer, kläglicher Versuch, die Zeit totzuschlagen, um in wenigen Tagen selbiges mit Sanchéz zu tun. Dabei wird sein Blick auch immer wieder auf das ausgebleichte Holzschild gelenkt, das über dem wehleidig kreischenden und zischenden Industriekomplex thront und in klaren Lettern den Namen „Stock Yards Meat Packing Co“ abbildet. San Diego Countys Nummer 1-Schlachthof in der gesamten Region. Oder, was davon noch übrig ist...

„Yo, dawg!“

Unter den zu einem schiefen Grinsen verzogenen Lippen blitzen die schneeweißen Zähne hervor, als er den Mann bemerkt, der gerade eben eine Feuerschutztür geöffnet hat und den Geläuterten zu sich herwinkt. Ein verdammter Riese ist das. Zwei Meter groß und von einer mindestens ebenso imposanten Statur, die sich unter der von Blutspritzern bedeckten Lederschürze erahnen lässt, ebenholzfarbener Hautteint, gepflegter Goatie. Wäre er ihm während einer der Live-Übertragungen oder House-Shows über den Weg gelaufen und würde er nicht diese lächerliche Schürze und die ebenfalls mit Blut besudelte Haube auf dem Kopf tragen, hätte er ihn glatt für einen dieser BWH-Versager gehalten. "Falsche Zeit, falscher Ort!", würde dieser Schwanzlutscher Grizz Lee jetzt wohl mit einem herablassenden Schmunzeln tönen, während sein angeheuerter Gorilla sabbernd neben ihm steht und vergeblich versucht, ein Drahtvexier zu lösen. So spielt das Leben. Die einen genießen die Privilegien ritualisierten Barbarismus wie einen guten Wein, die anderen schlachten Tiere, um ihre Crystal-Sucht zu finanzieren. Pech gehabt, dawg!

Mit flinken Schritten folgt Kriss Dalmi der stillen Aufforderungen des schwarzen Hünen, betritt das Gebäude und findet sich in einem Reich wieder, dass die meisten Menschen wohl kaum ertragen könnten, wüssten sie wie das, was tagtäglich auf ihrem Teller landet, in die bekannte Form gebracht wird. Qualvolle, nicht menschliche Schreie hallen durch das geschlossene Areal, die nur von dem ständigen Dröhnen und Surren der Maschinen übertönt werden. So durchschreiten die beiden diesen Schlachthof, vorbei an den Verarbeitungsmaschinen, den Formmaschinen, den Mischern, den Portionierern, den Kochanlagen, den Öfen... und den Mexikanern, für die Kriss Dalmi bloß ein verächtliches Zischen übrig hat.

Kriss Dalmi: „Sag mal, was bist du eigentlich hier? Bist du so eine Art Vorarbeiter? Ich sehe hier nur Mexen, die die Drecksarbeit erledigen. Und wie soll ich dich überhaupt nennen? Tyrone? Jamal? Darius? DeShawn? Ich pflege gerne einen persönlicheren Umgang mit meinen Kunden, musst du wissen.“

Der Angesprochene stoppt plötzlich, dreht sich zu Dalmi um, schubst diesen von sich und funkelnd ihn böse an. Abwehrend hebt der Serbe daraufhin seine Hände und grinst entschuldigend. Wie hätte er auch erahnen können, dass er mit seinem wilden Drauflosraten voll ins Schwarze getroffen hatte (no pun intended!).

DeShawn: „Aye yo, fuck u, niggah, okay!?“

Ohne noch ein weiteres Wort an den Serben zu verschwenden, wendet sich der Arbeiter wieder von seinem Begleiter ab und setzt den Weg durch das industrielle Labyrinth fort und tatsächlich dauert es nicht lange, bis weiße Kacheln den grauen Beton ablösen und ihr Sichtfeld von kopfüberhängenden Schweinekadavern gesäumt wird, die mit einem Förderbandsystem durch das Gebäude transportiert werden. Es beginnt unter der Haut des Serben zu kribbeln. Ein Gefühl, das er immer dann verspürte, wenn er die Spritze ansetzte und sie in seinen Blutkreislauf entleerte. Dieses Mal fühlt es sich aber ein wenig anders an. Vorfreude.

DeShawn und Kriss Dalmi haben ihr Ziel erreicht. Mehrere Stationen reihen sich hier vor ihnen auf, in denen die Tiere getötet werden, um anschließend verarbeitet werden zu können. Es ist das immer gleiche Prozedere, das eine magische Faszination auf den Belgrader auszuüben scheint. Die Klinge dringt in die Kehle ein, worauf ein schrilles Quieken folgt, das unter dem ganzen mechanischen Lärm und dem aufgeregten Grunzen der anderen Tiere droht, unterzugehen. Wie durch ein Stück Butter arbeitet sich das Schlachtwerkzeug dann durch Muskelgewebe, Adern, Speise- und Luftröhre. Gleichzeitig tritt ein kontinuierlicher Strom aus der immer weiter wachsenden Wunde und bahnt sich in einem steten Strahl seinen Weg in den darunter befindlichen Abfluss. Danach durchsticht das Messer die Bauchunterseite und arbeitet sich zur unten liegenden Oberseite vor. Keinen Moment später platschen dampfende Gedärme auf den Boden und bedecken die rotgefärbten Kacheln wie ein organisches Trümmerfeld. Zwei Sekunden. Vielleicht drei, in denen das Schwein gegen sein grausames Schicksal ankämpft, aber nicht weiß, dass dieser Kampf aussichtlos ist. Dann entweicht das Leben aus seinen schwarzen Knopfaugen.

Kriss Dalmi: „Warum sind sie eigentlich noch bei Bewusstsein? Ich dachte, ihr müsst sie betäuben, bevor ihr sie tötet.“

DeShawn: „Das hat logistische Gründe. So ist es zeitsparender. Bis zu 3.000 Tiere können wir so in einer Schicht verarbeiten. Zudem sorgen das ausgeschüttete Adrenalin und der verbundene Stress dafür, dass das Fleisch besser durchblutet und zarter wird. Offiziell gilt das natürlich als Tierquälerei und die Company verurteilt sowas aufs Schärfste aber hier unten, in dieser Hölle aus Blut und Gedärmen? Ain't no one interested in dis animal rights here.“

Kriss Dalmi: „Ich verstehe...“

Mit einem zufriedenen Lächeln streckt der Serbe die Arme zu den Seiten aus und wäre er nicht an diesem Ort, könnte man denken, dass er in dieser Pose an deinem Sandstrand steht und einen Sonnenaufgang beobachtet. Er hat genug gesehen. Er hat sich genug inspirieren lassen vom allgegenwärtigen Crescendo arbeitender Maschinen und Todesquieken. Zeit fürs Geschäftliche: Der Serbe greift in die Innentasche seiner abgeranzten Lederjacke und holt von dort ein mit Zeitungspapier umwickeltes Päckchen hervor, welches er an seinen afroamerikanischen Begleiter weiterreicht. Der nimmt es entgegen und beginnt, plötzlich heftig zu zittern. Innerhalb von nur einer Sekunde hat sich der gesamte Gestus auf links gedreht und Kriss Dalmi betrachtet das mit gespielter Verwunderung. Nervosität. Ein Gefühl, mit dem auch Kriss Dalmi in solchen Momenten vertraut war. Wie erfüllend es sich nun anfühlte, andere Menschen in der selben, elendigen Situation hautnah mitzuerleben.

DeShawn: „Un... Und ich kann den Shit wirklich haben? U ain't playin'?!“

Der Serbe winkt ab. Stoff wie diesen braucht er nicht mehr. Und auch der Mexe, der mit einer gebrochenen Nase und ein paar Zähnen weniger in seinem Mund bewusstlos in einer namenlose Gasse in Logan Heights liegt, braucht ihn nicht mehr. Kriss Dalmis heutige Sucht übersteigt jede Droge, denn keine Substanz, die es auf der Welt gibt, ist wie diese eine Frau. Gift. Medizin. Königin.

Kriss Dalmi: „Es gehört alles dir. Deine einzige Aufgabe ist es nur, das Weihnachtsgeschenk für meinen speziellen Freund vorzubereiten. Für das Fest der Liebe muss es etwas ganz besonderes sein, etwas auf das er zurückblicken und sagen kann, dass er ein solches Weihnachtsfest noch nie erlebt hat.“

Hastig verstaut DeShawn das Päckchen unter seiner Schürze. Der Serbe nickt ihm, woraufhin der Hüne zu einer der Tötungsstationen hinübergeht und dem dort werkelnden Arbeiter mit einem Schulterklopfen bedeutet, in die Pause zu verschwinden. Als das geschehen ist, nimmt er eines der herumliegenden Schlachtermesser in die Hand, packt das tote Schwein an den Ohren und stößt die Klinge in den Hals.

Kriss Dalmi: "Frohe Weihnachten, Díego!"



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