Scene

Id
2877  
Name
BR-XI-Nachspiel  
Summary
 
Position
27  
Scenetype
Off Camera  
Created At
2016-04-22 10:35:15  
Edited At
2016-05-08 14:51:17  
Show
Vendetta 116  


Marcus Vark Juniors etwas zu lange Jeans schlurrt über das Laminat in dem Flur seiner Wohnung. Sein Sweatshirt ist etwas zu groß für ihn, so wie er es am liebsten hat. Der Reißverschluss ist zur Hälfte geöffnet. Es hat unerwartet geklingelt. Auf dem Weg zur Tür schaut er zwangsläufig zur Kommode unter dem Spiegel, auf der noch immer der aufgerissene Umschlag mit dem PCWA-Phoenix liegt. Sein Blick verharrt wie immer, wenn er daran vorbeigeht, einen Moment auf dem Logo. Er muss sich davon losreißen, um die Gegensprechanlage zu betätigen.

Marcus Vark Junior: „Hallo?“

Die Stimme die ihm mit einem einfachen „Hi“ antwortet, erschrickt ihn, obwohl sie freundlich ist. Er hat nicht wirklich damit gerechnet, sie noch einmal zu hören. Für den Moment vergisst er, was er gerade tun wollte. Erst als die Stimme ihn unsicher fragt, ob er die Tür aufmachen würde, kommt er wieder zu sich. Er drückt auf den entsprechenden Knopf. Dabei surrt es laut, bis die Tür mit einem nachhallenden Klacken geöffnet wird. Marcus öffnet die Tür zu seiner Wohnung. Er hört jeden einzelnen Schritt durchs Treppenhaus hallen. Und jeder einzelne lässt die Nervosität in ihm größer werden.

„Hallo… Marcus?“

Die Art wie sie die Stimmlage erhöht, als sie seinen Namen sagt, versetzt ihn sofort wieder in diesen kleinen Toilettenraum im Bauch des PCWA-Domes, als sie ihm das Blut aus dem Gesicht gewaschen hat. Und als er sich vor ihr blamiert hat.

Marcus Vark Junior: „Hallo, Ashley.“

Verglichen mit ihrem sonstigen glamourösen Auftreten, das die Brünette seit ihrem Betritt zur Religion of Death adoptiert hat, wirkt sie jetzt, wie sie vor ihm steht, überraschend gewöhnlich – Skinny Jeans, schwarzes Tanktop, darüber ein grauer Strick-Cardigan, dunkelblaue Converses und die Haare zu einem losen Zopf gebunden. Trotzdem kann er nicht anders, als sie anzuschmachten. Wahrscheinlich würde er das sogar tun, wenn sie nur mit einem ausgeschnittenen Kartoffelsack bekleidet vor ihm stehen würde.

Sein Blick fällt direkt auf das große, rechteckige Paket, das die Brünette unter dem Arm trägt. Diese Verblüffung bemerkend, macht sie buchstäblich gute Miene zum bösen Spiel und versucht diesen Moment der Wiedervereinigung mit einem Lächeln erträglicher zu machen, von dem sie hofft, dass es nicht zu aufgesetzt wirkt. Es ist das erste Mal, dass sie sich seit dem Rumble sehen und natürlich hat sie in der Zwischenzeit keine Anstalten gemacht, den Elefanten im Raum, dieses "kleine Missverständnis" anzusprechen. Es war bequemer, dieses Thema gar nicht erst an sich heranzulassen und einfach so zu tun, als wäre nichts passiert. Hannibal Cains Auftrag, Marcus einen Besuch abzustatten und die Lage zu sondieren, hat unter diese Vermeidungstaktik gewissermaßen einen Schlusstrich gesetzt. Nun würde sie sich wohl oder übel damit auseinandersetzen müssen.

Ashley Stanton: „Ich bringe Geschenke.“

Sie versucht das Eis etwas zu brechen, nimmt den schlichten Karton in beide Hände und bietet ihn ihm mit einer präsentierenden Geste dar. Beide lachen. Aber es klingt gestellt. Und so verebbt es schnell wieder.

Ashley Stanton: „Von der Religion. Hannibal hat mich gebeten, es dir persönlich vorbeizubringen.“

Hannibal. Benedict muss daran denken, wie er es geschafft hat, beim Brawlin‘ Rumble noch länger auszuhalten, als Hannibal Cain. Er war wirklich im größten Match der PCWA und er war unter den 5 besten. Diese Tatsache – und all die Namen, die sich vor ihm verabschieden mussten – will sich noch immer nicht recht „wahr“ anfühlen. Es war ein Traum. Musste ein Traum gewesen sein.

Marcus Vark Junior: „Ähm.. Danke. Stell es da auf die Kommode.“

Sie folgt der Richtung, in die sein linker Zeigefinger zeigt und sieht als erstes den Brief mit dem PCWA-Logo.

Ashley Stanton: „Ich glaube nicht.“

Marcus ist verwirrt, aber ihr freundliches Lächeln lässt das alles vergessen.

Ashley Stanton: „Hast du ein Wohnzimmer?“

Selten dämliche Frage. Wieso sollte er denn keines besitzen?! Allerdings wollte sie sich auch nicht so direkt selbst einladen.

Marcus Vark Junior: „Ja. Klar. Komm mit.“

Sie folgt ihm durch den Flur und in das Wohnzimmer. Schwarzes Stoffsofa, kleiner Wohnzimmertisch, ein großer Fernseher. Gegenüber davon eine Essecke. Nichts Besonderes, aber trotzdem ganz nett. Die kahlen Wände fallen auf. Fast hätte sie ihn darauf angesprochen, als sie ein paar Fetzen entdeckt, die sie wegen ihrer weißen Farbe auf der weißen Wand erst nicht entdeckt hatte. Die Anordnung deutet darauf hin, dass es die abgerissenen Ecken von Postern sind, die hier einmal hingen. So wie sie Marcus kennt, kann sie sich vorstellen, was für Poster hier bis vor kurzem hingen. Deshalb schluckt sie ihre Worte herunter, legt das Paket auf dem Tisch ab und lässt sich anschließend in das Sofa fallen. Es ist wirklich bequem. Immerhin.

Ashley Stanton: „Schön hast du’s hier.. Marcus.“

Der ungewohnte Name kommt ihr noch immer etwas zögerlich über die Lippen, aber wenn Marcus ehrlich ist, hört er sich für ihn nach den letzten 2 Jahren auch seltsam an.

Marcus Vark Junior: „Danke.“

Sie schweigen einen Moment. Ashley lässt ihren Blick durch die Kalheit des Raumes schweifen, versucht dabei beschäftigt zu wirken und Zeit zu schinden und nach den passenden Worte zu suchen, um die sie in Anwesenheit jedes anderen Typen wohl nicht verlegen wäre. Marcus hingegen schaut auf die freien Flächen an der Wand, wo laut Ashley Vermutung einst die Poster hingen. Poster, die sein ehemaliges Idol gezeigt haben werden. Den Mann, dem Marcus beim Brawlin‘ Rumble seinen Hass gestanden hat.

Ashley Stanton: „Okay, ich halt das nicht mehr aus. Bitte mach das Paket endlich auf. Noch so ein 'Was ist in der Box?'-Drama ohne Auflösung kann niemand gebrauchen.“

Anstatt über diesen Spruch zu lachen, atmet Marcus schwer durch. Dann nimmt er sich ein kleines Cutter-Messer, das auf der unteren Ablagefläche des Wohnzimmertisches lag, und schneidet das Paketklebeband auf, das das Paket verschließt. Ashley lässt ihn dabei nicht aus den Augen. Will unbedingt sehen, wie er reagieren würde. Es macht sie ganz hibbelig, mit welcher Ruhe er jede Seite aufschneidet, dann die Klinge des Messers wieder einfährt und es zurück unter den Tisch legt. Endlich klappt er die Öffnung auf.

Marcus schaut herein. Sofort bekommt er feuchte Augen. Er starrt und starrt und starrt. Doch dann schließt er es wieder. Und lehnt sich zurück. Soweit es geht. Das hat er nicht verdient. Nie. Er kann nicht. Darf nicht. Nicht nach dem, was er beim Rumble getan hat.

Marcus Vark Junior: „Ich kann das nicht annehmen. Ich kann nicht… ich… ich gehöre nicht länger dazu.“

Ash, die den geöffneten Umschlag auf dem Flur gesehen hat, versteht nicht.

Ashley Stanton: „Warum? Ich dachte…“

Ernst starrt er in den Horizont, der irgendwo neben der scheinbar immer lauter tickenden Wanduhr zu liegen scheint.

Marcus Vark Junior: „Das weißt du ganz genau.“

Sie schüttelt den Kopf.

Ashley Stanton: „Aber das Angebot…? Hannibal sagte, dass er einen Plan hat.“

Marcus Vark Junior: „Hannibal hat immer einen Plan.“

Sie kann den Ton, in dem er das sagt, nicht richtig einordnen. Sie hätte gedacht, dass er ihr freudestrahlend in die Arme fallen würde, wenn sie ihm das Päckchen mitbringt.

Ashley Stanton: „Ja, aber… willst du nicht zurückkommen?“

Er lacht bitter. Er könnte sich nichts Schöneres vorstellen, als wieder in der PCWA antreten zu dürfen. Aber so einfach ist das doch alles nicht. Wenn er eines gelernt hat, dann genau das: In der PCWA ist nichts einfach.

Marcus Vark Junior: „Doch, aber Jona… ich habe ihr mein Wort gegeben, dass ich verschwinden werde. Nur den Rumble. Mehr habe ich nicht von ihr verlangt und mehr habe ich nicht bekommen.“

Auch wenn der Vertrag, den Gabriel für ihn aufgesetzt hat dieses Versprechen umgehen könnte. An manchen Tagen war er fast schon so weit, dass er ihn unterschreiben will. Aber immer wenn er dazu ansetzt, muss er an seine Schwester denken. An das Krankenhaus. Die Schläuche. Und ihre brüchige Stimme. „Ende“. Das hat sie gesagt und er muss sich daran halten. …oder?

Ashley Stanton: „Und wenn du Jona für einen Moment vergisst? Wenn du einmal nur auf dich selbst hörst, statt es allen anderen immer recht machen zu müssen? Was willst du, wenn du nur für dich eine Entscheidung treffen würdest?“

Marcus‘ Blick gleitet unbewusst zum Päckchen. Ash sieht sich bestätigt.

Ashley Stanton: „Wenn du der PCWA aus Loyalität gegenüber deiner Schwester weiter fernbleiben willst, dann werde ich dich nicht zwingen, zu uns zurückzukommen. Das kann ich nicht. Das kann niemand. Aber ich will, dass du weißt, dass Hannibal und die anderen dich noch nicht abgeschrieben haben. Du bist immer noch ein Teil der Religion und keiner von uns hegt wegen der Sache beim Rumble einen Groll gegen dich. Ich würde mich jedenfalls darüber freuen, wenn du wieder dabei wärst. Als Wrestler UND als Freund.“

Sie sieht seinem Antlitz an, wie es in ihm arbeitet. Er zögert, kann sich aber zu keiner Antwort durchringen.

Ashley Stanton: „Fair enough. Vielleicht brauchst du einfach noch ein bisschen Zeit, um darüber nachzudenken. Wie wäre es damit: Bleib noch eine Weile zu Hause. Setz dich vor den Fernseher und genieß die nächste Vendetta hier vom Sofa aus, ganz so wie früher, als du einfach nur ein Fan warst. Eine einzige Show, bei der du einfach nur zuschaust und dich selbst fragst, ob dir das, was im TV gezeigt wird, fehlt oder du damit tatsächlich abgeschlossen hast. Wenn ich dich richtig einschätze, wirst du schon nach dieser einen Show merken, wie sehr du den Fight Club und den Ring und das Kämpfen vermisst.“

Marcus weiß, dass sie vermutlich Recht hat. Es fehlt ihm jetzt schon, dabei war es noch gar nicht wieder Zeit für Vendetta.

Ashley steht auf.

Ashley Stanton: „Ich muss jetzt wieder los.“

Er starrt zu ihr hoch. So wie in dem Toilettenraum, als er einem Nervenzusammenbruch nahe war und sie sich um ihn gekümmert hat.

Marcus Vark Junior: „Es tut mir Leid, Ash.“

Dann wendet er seinen Blick ab. Kann es nicht ansprechen, während er sie ansieht. Wie sie da vor ihm steht. So natürlich. So freundlich. So perfekt.

Marcus Vark Junior: „Das mit dem Kuss.. es… es tu mir—“

Ihr Kopfschütteln und ihr mitleidiger Blick lassen ihn noch im Satz stocken.

Ashley Stanton: „Nein. Nein, das braucht es nicht. Ich bin es, die sich bei dir entschuldigen sollte.“

Plötzlich spürt er ihre Hand auf seiner Schulter. Er schaut auf ihre zarten Finger. Von den vielen Faustschlägen ist die Haut an ihren Knöcheln etwas rau. Und selbst das gefällt ihm.

Ashley Stanton: „Du warst beim Rumble in einer beschissenen Situation und es war letztendlich meine Schuld, dass sich Alex in diese Sache eingeschaltet und dich ausgenutzt hat. Vielleicht war es auch unfair von mir, dass ich mich dir gegenüber nicht eindeutiger verhalten habe und die Zeichen nicht sehen wollte. Auf jeden Fall möchte ich nicht, dass du dich wegen dieser Sache schlecht fühlst. Ich mag dich nämlich. Wirklich. Aber nun mal...“

Er blickt wieder zum Boden.

Marcus Vark Junior: „…als Freund. Ich verstehe.“

Dann steht er auf und schaut ihr in die Augen.

Marcus Vark Junior: „Auf Wiedersehen, Ashley.“

Sie lächelt und macht sich auf den Weg zur Eingangstür.

Ashley Stanton: „Das hoffe ich…"

Sie dreht sich um.

Ashley Stanton: „…Benedict.“



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