„Schön, dass du es nach Belgrad geschafft hast.“

Der Adressat der Worte lehnt sich etwas mehr in seinen Stuhl und studiert seine Fingerkuppen - genauer gesagt, studiert er den Fussel, der sich unter seinem Fingernagel gesammelt hat.

Erik Moranes: „Wenn ich bedenke, dass ich seit mehreren Jahren ein Einreiseverbot nach Serbien habe - ich bin erstaunt, Arch. Nachdem ich in einem billigen Z-Movie die halbe Innenstadt von Belgrad in die Luft und Boris Tadic in den Kopf geschossen habe... hey, ich sollte hier zu mehreren Jahren Haft einkassiert werden... Wirklich erstaunlich, Arch...“

Muhelos beugt sich der Amerikaner vor - grundlegend ist ihm seine Vergangenheit egal. Zu viele schlechte Filme hat er gedreht, als dass er selbst die politische Brisanz dahinter beachten würde. Es ist ihm schlichtweg... egal.

Erik Moranes: "...ich frage mich nur, welche Kontakte du dafür spielen lassen musstet. Wenn ich mir die Typen anschaue, die mich aus Berlin hierher begleitet haben - das waren keine kleinen Fische, Arch. Das waren erfahrene Leute - Leute, wie ich sie eigentlich eher im Bekanntenkreis von Gabriel Lucifer vermute. Keine Kontakte nach Hollywood - aber Auftragskiller kennen?"

Ein verlegenes Schmunzeln auf den Lippen des Spaniers.

Archi: „Naja, mit der Unterwelt hatte das nicht viel zu tun…“

Hatte es natürlich doch. Auch wenn er sich aus dem ‚Geschäft‘ immer rausgehalten hatte, so hat er sich bei seinen Reisen dennoch auf diversen Partys rum getrieben, die ihm entsprechende Kontakte gebracht haben. Einige dieser dubiosen Leute sind sogar sowas wie Freunde. Insbesondere die haben massiv davon profitiert, dass das ‚Unternehmen‘ seines Onkels nun aus dem Verkehr gezogen worden ist. Die Marktanteile wurden untereinander aufgeteilt. Archi informierte sie direkt nachdem er bei United As One über Lucifer einen Deal zur Straffreiheit ausgehandelt hatte, so dass seine Kumpels einen entscheidenden Zeitvorteil bekamen. Diese Freunde sind hervorragend in Regierungskreise aller Herren Länder vernetzt. Mit ein wenig Kleingeld taten sie ihm einen Gefallen, der Erik die Einreise ermöglichte.

Archi: „… Vielmehr bin ich durch meinen Lottogewinn in der komfortablen Lage mit dem ein- oder anderen Euro den ein- oder anderen Gefallen bei den Behörden zu erwirken. Du hast für den Aufenthalt der PCWA in Belgrad deine Ruhe“

Der Lottogewinn ist genauso eine Lüge, wie die Angaben zu seiner aktuellen finanziellen Situation. Seit der Zufluss durch die ‚Familie‘ nicht mehr fließt, weil er eben jene durch seine Aussagen in den Knast gebracht hat, muss er tatsächlich allein mit seinem Können in der PCWA punkten, um seinen Lifestyle aufrechtzuerhalten. Da war der Verlust der Cotatores beim Brawlin‘ Rumble nicht unbedingt hilfreich.

Archi: „Da wären wir auch beim entscheidenden Punkt. Ich will, dass du mich gleich zu meinem Match begleitest. Es ist wichtig, dass ich Marvin Percio besiege, denn das bringt uns in eine komfortable Lage. Wir könnten dann ohne großes Betteln bei Lucifer ein Re-Match um die Cotatores Title fordern."

Vielleicht müsste er gar nicht betteln. Immerhin war der Grund für das, was mit Kenji geschehen ist, dass die Aggressive Expansion zuviel über den Mythos und seine Verstrickungen erfahren haben, nachdem sie im Fight Club einige Indizien entdeckt hatten. Natürlich will der Interimspräsident der PCWA auf keinen Fall, dass diese sprichwörtlichen Leichen im Keller das Tageslicht erblicken. Archi hatte deshalb seine polarisierende Abschlusspromo gehalten, die ihm sicherlich nicht viele Freunde gemacht haben dürfte. "Ehrlichkeit" gefährdet Freundschaften ohnehin mehr als "Lügen". 'Diese eine Wahrheit', die er beim Brawlin' Rumble aussprach, sorgte zumindest dafür, dass Lucifer und er endgültig eine Schicksalsgemeinschaft wurden, die nicht nur einseitig vom Ex-Principal bestimmt wird. Mitgehangen - Mitgefangen. Dennoch ist Cruz klug genug, sich vorerst nicht mit Gabriel Lucifer anzulegen. Dafür ist dieser Mann zu gefährlich. Vielmehr will er dieses neutrale Verhältnis nutzen, um seine Karriere ungehindert vom Strippenzieher nach vorn zu treiben. 

Archi: "Genau diese Cotatores Titel will ich nämlich zurück erobern, so wie einst Alarich in Rom eindrang und die in Dekadenz verfallene Stadt plünderte. Viele werden sagen, ich solle das lassen und mich auf meine Single-Karriere konzentrieren. Sollen sie reden. Sie verstehen nicht, was die Cotatores Wert sind. Cain hat es mir offenbart. Er will sie als Aushängeschild seines Stables etablieren. Es mag ein Kampf gegen Windmühlen sein, gegen die Religion vorzugehen. Aber, wenn wir ihn gewinnen, dann drehen wir so richtig auf. Holen wir uns nämlich den wertvollsten Schatz der mächtigsten Gruppierung mit einer enormen zahlenmäßigen Überlegenheit, dann stehen wir so richtig im Rampenlicht. Von daher will ich heute mit einem Sieg über Percio den Grundstein legen, dass wir dieses Re-Match fordern können.“

Erik Moranes: „C'mon Arch... wir bekommen eh eins.“

Erik erhebt sich und breitet die Arme aus.

Erik Moranes: "Schau uns an - die schmuddelige Vergangenheit in meiner Person, die nicht in der Lage ist alleine und auf eigenen Beinen zu stehen... auf der anderen Seite der strahlende Spanier, der langsam aber sicher vorangehen wird und für die goldene Zukunft stehen kann... gemeinsam sind wir die Gegenwart, zu schwach alleine und zu stark als Gemeinschaft. Scheiss auf Hannibal. Die Cotatores gehören um meinen Hals, solange ich noch ein bisschen schlechte Publicity im Amerikanischen TV für die PCWA erzeugen kann."

Dieser Mann ist schon so lange im Geschäft. Ihn schockiert nichts mehr. Er hat sich ebenso schon oft den Mund verbrannt und akzeptiert die Konsequenzen, die ihn schlussendlich an die Seite von Archi gebracht haben. Moranes wird ihm von großem Nutzen sein, wenn Archi es gelingt, davon zu profitieren, dessen Fehler nicht zu wiederholen. Und um den Hals könnte er auch wieder etwas gebrauchen, nachdem Hannibal ihm sein Tuch genommen hat.

Kopfschütteln beim Spanier.

Archi: „Wem erzähle ich das hier eigentlich? Du bist schon so viel länger mit dieser Liga verbandelt als ich. Keiner bekommt hier einfach so eine zweite Chance. Alles muss sich neu erarbeitet werden. Ganz ehrlich. Wie du, will ich hier von keinem mehr abhängig sein, erst recht nicht von Gabriel Lucifer...“  

Keiner –  außer eben jener Gabriel Lucifer und halt Kenji Sato – kennen seine kriminelle Vergangenheit. Ersterer wird aus eigenem Interesse dazu nichts sagen, weil er ihm hinter Jona Varks Rücken geholfen hat diese Historie zu vertuschen. Letzterer hingegen ist in Japan und wird dank der gemeinsamen Intrige von Lucifer und Cruz nie wieder einen Fuß nach Deutschland setzen. Schon paradox. Erst bringt er sich selbst um seine Geldquelle, um seinen Freund Kenji Sato zu schützen, da dieser von seinem ‚Geschäftspartner‘ bedroht wurde, nur um den Japaner dann wenig später zum Sündenbock für eine durchzechte Partynacht mit unschönen Nebenwirkungen zu machen.

Erik Moranes: „...die PCWA ist abhängig von Gabriel Lucifer. Und damit sind es auch wir, Arch... und doch - scheiss auf Grandpa. Wir holen uns unser Gold zurück, Arch.  Ich habe keine Lust darauf, als der Mann in deiner Geschichte bekannt zu sein, an dessen Seite du die Trophy verloren hast und mit dem du danach nur beschissene Trips erlebt hast, die dich schlussendlich von deinem Main Event Run abhalten werden. Nein Arch - Big Gabe kann warten, ich fordere meinen Gefallen noch ein. Er wird seine Macht nicht mehr hergeben - und daher warten wir ab und nutzen die Gunst der Stunde - denn du weisst doch: Gabe spricht stets die Wahrheit."

Genau das denkt Archi auch. Genau das ist ein weiterer Grund, warum er weiter mit Erik teamen will. Genau das wird eines Tages sein Glück sein. Genau dieser offene Gefallen kann eines Tages Gold wert sein. Genau dann, wenn keiner mehr sich daran erinnert. Genau dann, wenn keiner damit rechnet.

Archi: „Und?“

Fragend blickt der ehemalige Botschafter sein Gegenüber an.

Erik Moranes: „Und was?“

Archi: „Begleitest du mich zu meinem Kampf mit dem Son of Rome?“

Miami‘ s finest Arrogance überlegt kurz. Dann klopft er Archi auf die Schulter.

Erik Moranes: „Pal, dich alleine zu lassen wäre toricht. So kann ich meinen alten, unwichtigen Arsch noch ein wenig in deinem strahlenden Licht sonnen und gleichzeitig ein paar Ärsche treten... irgendwer muss doch sicherstellen, dass du den Römerarsch wieder in die Vergangenheit prügelst.“

Das freut den jungen Mann sichtlich. Er schnauft durch. Der Ambassador gibt ihm irgendwie eine gewisse Sicherheit, die er in früheren Zeiten nie gebraucht hat. Jetzt, da er nur noch die PCWA und seine beginnende Karriere hat, ist jede Unterstützung herzlich willkommen.

Archi: „Danke, Erik. Deine Erfahrung und dein Selbstvertrauen helfen mir wirklich weiter.“

Zur Irritation des Südländers steckt sich Moranes den Finger in den Hals.

Erik Moranes: "Mir wird schlecht... Stop that Bullshit, Arch. Wir gehen da raus, du gewinnst das Match und danach machen wir richtig einen drauf - hier in Belgrad gibt es gute Schuppen ohne Mülleimer-Dalmi Einfluss."

Kurz stoppt der ehemalige DEAL-Leader. Blickt Arch an. Überlegt. Spricht.

Erik Moranes: "Gib' uns einen Grund zu feiern, pal. Wenn ich schon in diesem Land bin... dann will ich die Zeit auch genießen."

Motiviert nickt Archibaldo Barreto Cruz und schlägt seine recht Faust in die linke Handfläche.

Archi: „Marvin Percio soll sich auf was gefasst machen. Ich bin A – wie Archibaldo… B – wie Barreto… C- wie Cruz… Das ABC unseres Sports… und gleich buchstabiere ich dem Sohn Roms, was es bedeutet mit mir im Ring zu stehen!“

Erik Moranes: „Botschaft - angekommen.“

Sprach er und gemeinsam mit seinem Partner verlässt er die Kabine, um Archibaldo Cruz zu seinem Match zu begleiten, dass jetzt ansteht.

 

Mike Garland: "Archi bittet Erik Moranes also doch ihn zum Kampf gegen Marvin Percio zu begleiten."

Vincent Craven: "Dieses Match erscheint dem Spanier zu wichtig, als dass er ohne seinen Partner hineingeht."

Mike Garland: "Für Moranes selbst ist es das ebenfalls, denn er will auf keinen Fall als derjenige in die Geschichte eingehen, der zusammen mit Cruz die Cotatores Trophy verloren hat. Mit dem Botschafter hat Archi nun jemanden an seiner Seite, der jeden dreckigen Trick kennt."

Vincent Craven: "Und er scheint sich doch noch auf das Gespräch mit Hannibal Cain besonnen zu haben. In doppelter Hinsicht. Zum einen ist er bereit gegen den Son of Rome ein Statement zu setzen. Zum anderen will er dieses Match nutzen, um in die Erfolgsspur zurück zu gelangen und damit zusammen mit Erik einen Anspruch auf die Cotatores zu erheben."

Mike Garland: "Spannend ist auch, dass Archi anscheinend etwas Geld seines Lottogewinns hat springen lassen, damit Moranes überhaupt einreisen durfte. Er hatte Einreiseverbot nach Serbien, darf sich nun aber während der PCWA Shows hier aufhalten."

Vincent Craven: "Wenn er dem Spanier nachher den nötigen Halt gibt und es zum Sieg reicht, wird das jeden Cent Wert gewesen sein."