Scene

Id
4422  
Name
Kampf um das Lafayettesche Reich: Das Ergebnis  
Summary
 
Position
10  
Scenetype
Off Camera  
Created At
2020-01-10 17:56:52  
Edited At
2020-01-28 10:45:06  
Show
Vendetta 146  


Anderthalb Wochen nach Out of Ashes…

Schloss Albrechtsberg, Dresden

 

DeWynters seufzte unmerklich. Es ist inzwischen Mitternacht, aber die teilweise hitzigen Verhandlungen und Gespräche unter den Großen und Mächtigen haben immer noch zu keinem Ergebnis geführt. Nach wie vor ist Lafayette Machines Corporation ohne Besitzer und wie es aussieht, wird es wohl noch eine Weile so bleiben.

Als sie auf die Armbanduhr sieht, zeigen beide Zeiger genau auf die Zwölf. Also steht die ehemalige rechte Hand von Lafayette auf, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, was aber nicht ganz auf Anhieb gelingt. Daher lässt sie einen Teelöffel sanft, aber deutlich hörbar an ihr Sektglas klimpern, was diesmal zum gewünschten Resultat führt. Sie blickt in die Runde. Direkt neben ihr sitzt Lisa Lee, die zurzeit ziemlich missmutig dreinblickt, auch ihre Freundin hat keinen Erfolg verbuchen können.

DeWynters hätte LMC am liebsten einfach direkt an Laras Schwester übergeben, aber dann hätte es Rebellionen in der Welt der Superreichen gegeben.

Nach wie vor sind alle Personen anwesend: US-Airforce-General Sam Hawkins mit Jane McAvoy, die Hongkong-Magnatin Jiao Chengzho, Sarnovas russischer Adjutant Mikhail Gurewitsch, Generalmajor Akambe als Vertretung für den afrikanischen Diktator Kobaro, der mysteriöse Geschäftsführer Mr. Fellon, der Vorsitzender von Vark Enterprises Marcus Vark, der französische Kardinal Montfaucon und der schwerreiche Amerikaner Donald Armitage.

Zwar haben sich die Interessen der Einzelnen an LMC mehr und mehr herauskristallisiert – oft nicht im Interesse des Allgemeinwohls – aber sie beharren zu sehr auf ihre Positionen und können nicht von der Verhandlungsbasis abrücken, was zu einer scheinbar unlösbaren Pattsituation geführt hat. DeWynters hat zwar eine Auktion, die viele Probleme gelöst hätte, im Sinn gehabt, es aber auch gleich wieder verworfen, da DeWynters überhaupt nicht in der Lage gewesen wäre, den Ausgang zu kontrollieren. Und sie möchte endlich einen Ausgang aus dieser gottverdammten Konferenz haben.

DeWynters: „Meine Damen und Herren, es ist jetzt Mitternacht und wir haben bis jetzt kein konkretes Ergebnis erarbeiten können, wie mit LMC zu verfahren ist. Manche von Ihnen wollen nur Teile aufkaufen, andere wollen lieber das Ganze. Ich möchte klipp und klar sagen, dass es so nicht weitergehen kann. Es muss eine Lösung geben und zwar bald.“

Schweigen in der Runde.

DeWynters: „Vorschläge?“

Kaum hat sie das Wort gesprochen, räuspert sich jemand vernehmlich in der Runde. Überrascht stellt DeWynters fest, dass es vom Kardinal gekommen ist. Sie beäugt ihn misstrauisch, aber ihr Gesicht ist nach wie stoisch. Das Gleiche spielt sich auch auf dem harten, wettergegerbten Gesicht des Franzosen ab. Es folgt eine leise, aber in absolut akzentfreien Englisch sprechende, Reibeisenstimme.

Montfaucon: „Miss DeWynters, ich möchte mich zunächst ganz herzlich für Ihre hervorragende Gastfreundschaft bedanken. Nun bin ich aber der Meinung, dass wir die Geduld der wunderbaren Gastgeberin nicht weiter strapazieren müssen. Es gibt natürlich eine Lösung für diese … Problematik.“

Er richtet sich ruhig zur vollen Größe auf und blickt jeden Einzelnen am Tisch an, ohne innezuhalten. Doch plötzlich blickt jemand argwöhnisch von seinem Smartphone empor.

Marcus Vark: „Ach ja? Wenn es eine Lösung gibt, warum haben Sie diese nicht schon früher vorgeschlagen? Mir ist nämlich gar nicht aufgefallen, dass Sie überhaupt etwas zu dieser Versammlung beigetragen haben, Eure Eminenz.“

Die Anrede spricht er allerdings eher herablassend als denn respektvoll aus, aber der Kardinal scheint dies nicht wahrzunehmen. Er setzt sich in den Gang und bewegt sich langsam in Richtung der Gastgeberin. Sein distinguierter Butler folgt ihm wie automatisch.

Montfaucon: „Herr Vark, waren Sie schon einmal in Afrika?“

Doch er wartet seine Antwort nicht ab, stattdessen spricht er einfach weiter und verschränkt seine Armen hinter dem Rücken.

Monfaucon: „Als ich in der Armee diente, sollte ich eine Truppe der Fremdenlegion leiten und die ausländischen Soldaten in Kampfkunst unterweisen. Dafür reiste ich nach Afrika. Wenn Sie mich fragen, Afrika ist ein sehr schöner Kontinent. Natürlich, die Armut und die ganzen abscheulichen Kriege… aber die Landschaft, die Tiere, das Klima, die Kultur der Eingeborenen… fantastisch, kaum mit Worten zu beschreiben. Jedenfalls, als ich einen freien Tag nutzte, durfte ich einen Safari-Ausflug in einem etwas entlegenen Gebiet mitmachen. Es gab vieles zu sehen und zu erleben: Elefanten, Giraffen, Zebras, Nilpferde und Antilopen. Wunderbare Tiere. Aber was mich am meisten fasziniert hat an diesem Tag, das waren die Großkatzen – in diesem Fall die Löwen und die Leoparden.“

Eine Kunstpause. Erstaunlicherweise ist es in der Halle still geworden. Fellon beäugt den Kardinal missmutig. Ihn langweilt diese Geschichte jetzt schon. Es gibt auf dieser Versammlung nur zwei Löwen und er selbst ist einer davon und der Kardinal ist ganz sicher nicht der Andere. Auch Vark scheint gelangweilt - schaut demonstrativ erst auf seine prunkvolle Rolex, um dann die eigenen Fingernägel unter die Lupe zu nehmen.

Montfaucon: „Beide sind zwar Großkatzen und Raubtiere, aber sie unterscheiden sich in grundlegenden Dingen. Wie etwa in der Jagd. Ein Löwe richtet sich auf und stimmt zu einem animalischen Gebrüll an, um der ganzen Welt zu zeigen, dass er auf Jagd gehen wird. Ein Leopard hingegen legt sich still ins hohe Gras und schleicht sich ohne Geräusche und mit viel Geduld an die Beute heran. Meine Herren, ich frage Sie: Was ist wohl effizienter und gefährlicher?“

Inzwischen steht er neben DeWynters und deutet auf den verschlossenen Samsonite-Koffer, der seit geraumer Zeit neben DeWynters steht.

Montfaucon: „DeWynters, in diesem Koffer befindet sich ein Videogerät, das mit einem Augenscanner und Fingerdrucksensor ausgestattet ist. Und ich nehme an, Sie hatten bisher keinen Erfolg bei der Entschlüsselung gehabt?“

DeWynters: „Das ist richtig, Eure Eminenz. Wir wissen nicht einmal, welche Person diese Sicherheitsmerkmale öffnen könnte.“

Nachdem sie ihre Überraschung, die eine Sekunde lang sehr deutlich zu sehen war, überwunden hat, wendet sie sich zum Publikum.

DeWynters: „Was Herr Kardinal meinen möchte, ist, dass in diesem Koffer wahrscheinlich Antworten zum Verbleib von LMC enthalten sein könnten. Ich habe die berechtigte Annahme, dass es sich dabei um ein Testament in der Form eines Videos handelt.“

Donald Armitage: „Wieso haben Sie mir das nicht gleich gesagt! Ich beschäftige die besten Hacker der Welt, die öffnen dieses Köfferchen in Nullkommanix! Und wieso sollte darin nur ein verdammtes Video sein?“

Den beleidigenden Ton ignorierend, deutet DeWynters auf eine rote Aktenmappe direkt daneben.

DeWynters: „Diese Aktenmappe enthält eine notariell beglaubigte Echtheitsurkunde zu diesem Testamentvideo. Der Notar ist Herr Dr. jur. von Schuckert, den Sie alle bestens kennen sollten.“

Tatsächlich erhält sie von fast allen Beteiligten zustimmendes Kopfnicken. Dr. von Schuckert ist in der kriminellen Unterwelt einer der meistrespektierten Notare. Sein schweizerisches Wort gilt selbst unter verfeindeten Parteien als unparteiisch und absolut.

Montfaucon: „Wenn ich bitten darf…“

Ohne auf ihre Antwort zu warten, geht er auf den Koffer zu, klappt diesen auf. Er enthüllt tatsächlich einen Laptop, welcher in den Koffer eingebaut ist. Er legt seinen Daumen auf das glänzende Viereck unterhalb des Tastaturfelds. Der Laptop piept leise. Dann folgt eine neutrale Stimme.

Laptop: „Biosignatur verifiziert. Entsperrung durchgeführt.“

Auf dem Bildschirm ist zu sehen, wie das Betriebssystem hochgefahren wird. Erneut piept es.

Laptop: „Erbitte zweite Biosignatur zur Verifizierung.“

Daraufhin beugt der Franzose sich leicht nach unten. Ein grünes Gittermuster spiegelt sich an seinem linken Auge ab.

Laptop: „Zweite Biosignatur verifiziert.“

Nach wenigen Sekunden drückt der Kardinal etwas auf der Tastatur und dreht den Koffer um 180 Grad herum, damit alle den Bildschirm direkt ansehen können. Darauf ist das ernste Gesicht von Eric S. Lafayette zu sehen.

Lafayette: „Eminenz Montfaucon. Wenn Sie diese Aufnahme sehen, dann weilt meine Wenigkeit nicht mehr auf dieser Welt. Monsieur Montfaucon, ich mache diese Sache kurz: Lafayette Machines Corporation und seine sämtlichen Anteile in jeglicher Form gehen mit sofortiger Wirkung zu Ihnen über. Es gibt keine Nebenklauseln und jeder Versuch, mein Unternehmen an jemand anderen zu überlassen oder zu verkaufen, ist ungültig. Sie sind mein rechtmäßiger Erbe, Kardinal. Die notariell beglaubigte Echtheitsurkunde von Herrn Dr. von Schuckert beweist, dass mein Testament über jeden Zweifel erhaben ist. Es ist angenehm zu wissen, dass mein Vermächtnis sich in guten Händen befindet. Jean-Sebástien, ich wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute…“

Woraufhin dieses kurze aber prägnante Video zu Ende geht. Schweigen herrscht in der Halle. 
Erst.

Dann weicht die Stille Aufregung. 
Armitage, dessen Kopf kurz vor der Explosion steht findet als erstes wieder seine Sprache. Oder eher gesagt, speit er Gift und Galle.

Donald Armitage: „Das ist doch ein Scherz! Das ist purer Wahnsinn! Das werde ich niemals akzeptieren! Das Erbe von Lafayette in den Handen eines dieser Knabenliebhaber? Komm Arthur, wir verlassen diesen Sündenpool."

Arthur, der Mann mit dem Körper eines Atomkraftwerks, folgt seinem Boss aufs Wort.

Mr. Fellon hingegen hat sich das Ganze in aller Ruhe angesehen und er wirkt nicht im Mindesten beeindruckt. Er nickt kurz in Richtung Donald Armitage und Arthur, als diese an ihm vorüber gehen. Dann erhebt er schließlich seine Stimme.

Mr. Fellon: "Ein interessanter Zufall ... ein ungewöhnlicher Zufall! Vielleicht sollten Sie so langsam mit der Sprache rausrücken und uns gegenüber erläutern, in welcher Beziehung Sie zu Mr. Lafayette stehen ..."

Er schweigt kurz und grinst dann verwegen.

Mr. Fellon: "Pardon ... ich meine 'standen'. Sie scheinen sich sehr gut zu kennen, wenn man dem Inhalt dieses Videos trauen kann."

Was er übrigens kein bisschen tut. Das Ganze kam viel zu plötzlich und er wird sich im Anschluss an diese Konferenz definitiv die notarielle Beglaubigung von Schuckert genauer ansehen. Doch fürs Erste will er hören, was dieser falsche Kardinal zu sagen hat. Und so blickt er diesen fordernd an. Der Kardinal legt bedächtig seine Hände zusammen und entfernt sich vom Laptop, um seinen Rundgang fortzusetzen.

Monfaucon: „Wie Sie wissen, ist der Familienbaum Montfaucon vom hohen Adel und überdies traditionell mit der französischen Kirche eng verbunden. Als Amerika wiederentdeckt wurde, bestand unsere Aufgabe darin, die Botschaften der Kirche auch in der Neuen Welt zu verbreiten. Dies taten wir, indem wir mit großzügigen Spenden und tatkräftiger Mithilfe den Bau der Gotteshäuser unterstützten.“

Er hebt einen Zeigefinger hoch, als wäre er ein Lehrer, der gerade einer Schulklasse Unterricht beibringt. Fellon nimmt es missbilligend zur Kenntnis.

Montfaucon: „Unter anderem erbauten wir die schöne Kirche im heutigen St. Louis und führten die Aufgaben Gottes durch. Leider begingen wir einen fatalen Fehler, welcher zum Schandfleck der Montfaucon-Familie wurde, den ich nur ungerne erwähnen möchte. Denn wir hatten Afroamerikaner angestellt, die uns… ehrenamtlich unterstützen sollten.“

DeWynters: „Sie meinen Sklaven, Eure Eminenz…“

Montfaucon: „Eine Schande, die ich bis heute bereue. Jedenfalls, so ging es eine Weile lang, bis die Montfaucons sich endlich auf ihre Bescheidenheit und christliche Nächstenliebe zurückbesannen. Und dies geschah zu unruhigen Zeiten unter Lincoln. Wie wir natürlich wissen, standen Nord und Süd sich gegenüber und unsere Kirche fühlte sich dem Norden, der für die Freiheit der Farbigen einstand, zugefallen. Als Sühne und Entschuldigung beschützten und unterstützten wir viele afroamerikanische Familien, ganz besonders die Lafayette-Familie. Seitdem stehen wir ihnen sehr nahe – bis heute. Wir betrachten die Lafayettes als engste Freunde. Trotzdem es ist eine große Überraschung und es erfüllt mich mit großer Demut, dass Monsieur Lafayette mich für sein Vermächtnis auserwählt hat.“

Fellon glaubt ihm zu keiner Sekunde die Geschichte davon, wie überrascht er über das Vermächtnis ist. Dafür ist er viel zu zielstrebig aufgestanden.
Auch Marcus Vark sieht noch etwas ungläubig aus.

Marcus Vark: „Diese Geschichte ist zwar einfach nur lächerlich und in vielen Teilen bestimmt nur frei erfunden, aber zur Zeit müssen wir leider annehmen, dass dieses Testament völlig rechtens ist, ob man will oder nicht."

Und damit erhebt sich Jonas Vater von seinem Stuhl, schaut ein weiteres Mal auf seine Rolex, um dann auf die Übrigen am Tisch und insbesondere auf den Kardinal, Miss DeWynters und Lisa Lee zu deuten.

Marcus Vark: "Aber eines werde ich nicht auf mir sitzen lassen: Sie haben unser aller Zeit gestohlen! Halten uns hier bis Mitten in der Nacht fest, täuschen angebliche Chancengleichheit vor, nur um dann mit diesem Video herauszukommen. Was sollte das? Ein Ablenkungsmanöver?! Ich komme dahinter. Und... Man sieht sich mindestens zwei Mal im Leben!"

Und damit dreht auch Mister Vark ab.

Sam Hawkins: „Hrmpf. Also wieder mal nichts Nützliches für meine Luftwaffe.“

Jane McAvoy: „Jawohl, Major. Offenbar haben meine Fähigkeiten letztendlich nichts gebracht.“

Mikhail Gurewitsch: „Das wird der Frau Major nicht gefallen, wenn ich mit leeren Händen zurückkehre…“

Generalmajor Akambe: „Was für eine bodenlose Frechheit! Davon werde ich meinem Führer von Ukimba, dem wahren König von Amerika, berichten!“

Jiao Chengzho: „Ein sehr bedauerliches Ereignis, aber ich muss es akzeptieren.“

Fellon grinst in die Runde hinein. Bis auf Vark geben sich diese Opferlämmer alle einfach so mit ihrer Rolle als Verlierer zufrieden. Doch er wird das Ganze nicht so hinnehmen und er kennt noch Jemanden anderen in dieser Runde, für den das ebenso gilt. Der Blick von Fellon geht verschwörerisch in Richtung Donald Armitage, ehe der amerikanische Geschäftsmann die Stimme erhebt.

Mr. Fellon: "Was Rechtens ist und was nicht, wird sich noch offenbaren. Fürs Erste gehen Sie jedenfalls als Sieger aus diesem Spiel hervor, Kardinal. Ich bin mir allerdings sicher, dass sich unsere Wege erneut kreuzen werden ... früher, als Ihnen lieb sein mag!"

Fellon grinst abermals und erhebt sich schließlich von seinem Platz. Er bedeutet seiner Assistentin Miss Swivven mit einem Fingerzeig ihm zu folgen, was diese auch augenblicklich tut. Er lässt einen letzten Blick über die anwesende Runde schweifen.

Mr. Fellon: "Unser Part für den heutigen Abend ist jedenfalls erfüllt. Ich wünsche Ihnen noch viel Vergnügen beim Bemitleiden Ihrer Selbst."

Den letzten Satz hat er offenkundig nicht an Montfaucon gerichtet, sondern an alle anderen Mitbieter. Ohne den Anderen noch einen weiteren Blick zukommen zu lassen, macht er sich schließlich auf den Weg. Miss Swivven folgt ihm und macht sich unterwegs noch einige Notizen.

Montfaucon: „Ich bedaure selbstverständlich, dass ich leider keine erfreulichere Mitteilung machen konnte. Hiermit bestätige ich, dass alle bestehenden Verträge weiterhin ihre Gültigkeit haben.“

Mit dem letzten Satz blickt er sich zu DeWynters um, welche leise seufzt. Das bedeutet vor allem, dass DeWynters nach wie vor als Managerin von Mad Dog, ihm zur Seite stehen muss…



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