Scene

Id
4475  
Name
But first, let me take a Selfie!  
Summary
 
Position
4  
Scenetype
Off Camera  
Created At
2020-02-20 20:49:15  
Edited At
2020-02-28 12:24:47  
Show
Imperial Impact 13  


Ein Tag vor dem Imperial Impact.

Jesse Adams ist heute der strahlende Verlierer. Er hat seine Titelchance aufgrund eines albernen Kinderspiels vergeben und es war wie immer #worthit, wie man an den anhaltenden Pops der Fans hört. „Truth or Dare“ ist und bleibt ihre Lieblingsaktion und er enttäuscht seine Anhänger nie. Steht eine Frage auf dem Fan-Sign, beantwortet er sie. Steht eine Aufgabe darauf, wie „Verlier das Match, du leckeres Stück Fleisch!“, wird auch das erfüllt. Er ist ein Star zum Mitmachen, Anfassen und Liebhaben, mit 560k Followern auf Instagram, 140k Vielfliegermeilen bei Miles&More, fünf internationalen Stalkern und einer beispiellosen Karriere:

„Guten Tag, Herr Adams. Wir haben uns dazu entschlossen, Ihnen ein Angebot zu machen. Eine Vertragskopie wird an die von Ihnen angegebene Hoteladresse in Johannesburg geschickt. Zur Unterzeichnung laden wir Sie zum Imperial Impact 13 ein. Mit freundlichen Grüßen, das PCWA Office.“

Das ist jetzt aber nicht wirklich überraschend. 

Am Anfang waren es noch gelangweilte Jugendliche, dann unabhängige Promotions und nun sind es eben professionelle Ligen. Jeder will ein Stück von Jesse Adams. Egal ob Südafrika, Mexiko, Deutschland, USA, Türkei, Bolivien, Russland, Australien, Japan oder die Vereinigten Arabischen Emirate, er ist ein unkomplizierter Gast auf jeder Veranstaltung und ein profitables Engagement für jedes Establishment. Die PCWA darf sich also freuen, denn die Vertragskopie ist bereits unterschrieben und hat vor drei Tagen ihren Weg zurück nach Deutschland gefunden. Jesse Adams muss das bis morgen schaffen.

Die Pops der Fans werden zu einem Mischmasch aus lallenden Gesprächen. Flaschen klirren, Möpse reizen und Doobies qualmen. Unumstritten ist die After Show Party das Highlight des heutigen Wrestling-Events.

 Jesse Adams gefällt das.

Schon immer hat er die Unterhaltung dem Sport vorgezogen und schon immer waren die Fans ein fester Bestandteil davon. Noch nie musste er sich um Strategie und Taktik bemühen. Dafür hat er schließlich seine #popsies, seine treue Fangemeinde, für die er den Ring zur Bühne macht und sie selbst zu Regisseuren. Rufen sie „Spring!“, fragt er nur „Wie tief?“

Für Instagram wird das natürlich alles festgehalten, denn er muss Content generieren. Der Account zählt neben den Bookings, Engagements und Merchandise zu seinen Einnahmequellen. Bisher ist alles #yolo, wie sein Feed beweist. Die meisten Likes bekommen, wie gewohnt, die Momente kurz vor seinem Finisher, die er als Selfie festhält. Es stand für ihn noch nie die tadellose Ausführung des Moves im Vordergrund, sondern der perfekte Schnappschuss für seine Popsies weltweit. Bei ihm sind sie jederzeit mittendrin statt nur dabei.

Die After Show Party ist im vollen Gange und es ist billig, es ist #unrated, es ist seine Welt. Der Alkohol fließt in Strömen, während sich ein Fan nach dem anderen mit einem Permanentmarker auf seinem weißen T-Shirt verewigt. Bei ihm dürfen die Fans Autogramme verteilen und Telefonnummern und Liebesbekundungen und Pimmelbilder und – mehrere Oberteile sind bereits vollgekritzelt und werden random im Ring getragen. Die Reprints davon verkaufen sich außerordentlich gut.

 380k Popsies gefällt das nämlich.

Es ist wie damals im Hinterhof, wo er mit seinen Freunden die „Go Hard Wrestling Party“ ins Leben gerufen hat. Schon immer hatte er ein Gespür dafür, was den Leuten gefällt. Es wurde eine Serie von Death-Match-Events, die in dem konservativen Provinznest schnell zu einer kleinen Sensation unter gelangweilten Jugendlichen avancierte. Neben Küheumschupsen die einzige Unterhaltung weit und breit. Nicht nur die Polizei wurde darauf aufmerksam, auch unabhängige Promotions.

Es dauerte nicht lange, da konnte er sich aussuchen, wo er den Ring vollbluten wollte. So wirklich bemühen, musste er sich bei seinen Bewerbungen nie. „Besondere Fähigkeit: Bluten. Besondere Kenntnisse: Kein einziger Mensch wurde jemals von einem Dinosaurier getötet.“

Verträge waren stets zu seinem Vorteil, Matchausgänge kamen ihm immer zugute und auch sonst gab es nie echten Shitstorm in seinem Werdegang. Sich selbst treu bleiben und andere nehmen, wie sie sind – das hat ihn wie von selbst sehr weit gebracht.

„Ich hab dir ein Taxi gerufen“, schreit ihm ein Assistent der Promotion ins Ohr. Die Party ist so laut, dass man sein eigenes Wort nicht versteht. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass die eindeutige 10 ihre Telefonnummer ohne großes Gerede auf seine blutverschmierte Stirn schreibt. 

„Flughafen! Deutschland!“, versucht es der Assistent erneut. Noch heute Nacht geht der Flug von Johannesburg nach Berlin und kein einziger Koffer ist gepackt. Es ist nicht leicht, wenn man sich selbst mannetscht, menaged, wenn man sich selbst verwalten muss – der Alkohol knallt ganz schön.  Er schluckt aber auch jeden Drink, so wie er jede Droge probiert und mit allem schläft, was interessant sein könnte. Er will schließlich informiert bleiben und hin und wieder seinen Horizont erweitern.

„ZumAschied nomaleine Rudne fülalle!“, was keiner verstanden hat, aber jeder weiß, dass es um kostenlosen Alkohol geht. Die Meute grölt und noch bis zum letzten Fan werden Flaschen gekippt und Selfies geschossen. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben. Wrestling hat ihm das gegeben, was er in seiner schweren Kindheit vergeblich gesucht hat.

Was wird er diese Promotion vermissen! Genau wie damals die SWL, die BWF, oder die POPW, die PCE, die ISEHUIDW, die ADAM jetzt vielleicht nicht so, aber die CSW, die 3½SW, die UCFS, oder die Liga ohne Akronym. Mit 24 Jahren kann er auf einige zurückblicken. Wie gut, dass er immer wieder hierher zurückkehren kann, als A-Promi für einen One-Night-Only-Auftritt. Er hat viel erreicht und morgen erwartet ihn eine Welt mit noch mehr Fans, noch mehr Jubel, noch mehr Spaß, noch mehr Mehr von allem.

Den Flug hat er mittlerweile übrigens verpasst.



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