Scene

Id
4979  
Name
Gefallen  
Summary
 
Position
24  
Scenetype
Live  
Created At
2021-06-26 14:56:48  
Edited At
2021-08-20 21:23:43  
Show
Vendetta 156  


Er lehnt an einer der Wände im Backstage-Bereich. Hält in den Händen das künstliche Gesicht eines japanischen Mädchens. Bedenkt es mit nachdenklichen, beinahe liebevollen Blicken. Mit liebevollen Blicken, die gleichzeitig vor Hinterlistigkeit nur so triefen. Mit Blicken, die gleichzeitig alles und nichts sagen. Irgendwie hat er es geschafft, die Maske einfach so abzunehmen. Da waren keine Zikaden mehr. Keine Yai, die ihn dazu überreden wollte. Es passierte ... einfach so.

Nun steht er einfach so da.

Pur bis auf die Knochen.

Und denkt nach.

Er ist Jeffrey Ron Arrow.

Die Lüge.

Der Sohn von Niemandem.

Die Kate Moss des professionellen Wrestlings.

Und seit kurzem auch -

der bronzefarbene Panther.

Er blickt an sich herunter.

Schon wieder tropft Blut aus einer Platzwunde an der Stirn.

Perlt an dem Latex seines Panther-Outfits ab.

Er greift in eng anliegende Hosentasche.

Befördert eine Benson & Hedges hervor.

Steckt sie sich zwischen die Lippen.

Nimmt sie angeekelt wieder heraus.

Steckt sie zurück.

Die Schlägerei mit den Red Queen Rangers hat ihn in zeitliche Bedrängnis gebracht. Aber irgendwie war es auch notwendig, um dem Hund seine Treue zu beweisen, seine neu gewonnene Loyalität, seine neue Superkraft, andere nicht mehr zu enttäuschen, sondern nur noch sich selber. So gerade eben konnte er den vielleicht wichtigsten Teil seines Plans umsetzen ...

Was die Kameras nicht sehen konnten:

Jeffrey Ron Arrow pirscht zielsicher durch den Backstage-Bereich. Hält in den Händen einen auseinander gefalteten Plan, der aussieht wie die schlechte Kopie eines fehlgeschlagenen Ausdrucks. Schemenhaft erkennt man eine Skizze der verschiedenen Gänge der Halle. Er erreicht eine Art ausgebauten Geräteschuppen. Findet einen Gabelstapler, dessen Schlüssel steckt (oh Gott, was hätte vermieden werden können, wenn der Schlüssel nicht gesteckt hätte), setzt sich mit dem Gefährt in Bewegung, einen Blick stets auf den Plan gerichtet. Irgendwann landet er an einem der Halleneingänge für Mitarbeiter. Hält in sicherer Distanz. Trifft auf einen Security-Mann. Sie unterhalten sich mit Händen und Füßen. Eine gewisse Dringlichkeit liegt in der Gestik und Mimik der Lüge. Nach kurzer Zeit stürmt der Security-Mann davon (was wäre bloß verhindert worden, wenn Arrow den Mann nicht davon überzeugt hätte, dass ein Notfall bei Jona Vark vorliegen würde und dass Vark Enterprises ihn bis aufs letzte Hemd verklagen würde, wenn er jetzt nicht den Posten räumen würde - Arrow würde niemals gewahr werden, wie lückenhaft sein Plan eigentlich gewesen ist), Arrow betätigt einen Schalter und ein Rolltor fährt nach oben. Und dann steht er schon da, als hätte er seit Anbeginn der Zeit darauf gelauert, in die Halle zu kommen. Schwarzer Lack. Ausgeschaltete Lichter. Getönte Scheiben. Der schwarze Lieferwagen, der Arrow schon durch die gesamte finnische Nacht begleitete. Dann geht es ganz schnell - der Gabelstapler dockt an der Hinterseite des Lieferwagens an, im schwindenden Licht des Tages wird eine überdimensionierte Equipment-Box auf den Gabelstapler geladen, dann zeigt Arrow dem unsichtbaren Fahrer einen Daumen nach oben und fährt die Box in die Halle. Im Schrittempo verschwindet der Lieferwagen, dann kommt eine vollkommen in schwarz gehüllte Person angejoggt, eine Kapuze tief in die Stirn gezogen und übernimmt den Gabelstapler. Hier trennen sich die Wege der beiden, denn nun hat jeder seine spezielle Aufgabe, um den Abend auf eine Weise enden zu lassen, die so voller Gewalt und Abscheu sein wird, dass sie einem den blanken Schreck in die Glieder fahren lässt.

Mit dem Handrücken wischt er sich das Blut von der Stirn, beäugt diesen scharlachroten Film, der sich um die dünne Behaarung windet. Dann schaut er hoch. Erst jetzt folgt die Kamera seinem Blick und fängt das Türschild ein, das dort gegenüber hängt: JONA VARK. Er stößt sich mit einem Fuß von der Wand ab, dieses Mal wird er nicht so lange mit sich ringen wie beim Rumble, bevor er das Büro der Chefin betritt. Die Maske liegt locker in seiner Hand wie ein Schlagstock oder irgendetwas anderes, das man greifen kann, wenn es nötig ist, und solange nur bei sich führt wie einen guten Bekannten. Mit der freien Hand klopft er an die Tür. Wartet geduldig.

Mister Joshua macht auf. Er mustert die Lüge von oben bis unten, sagt jedoch nichts. Er lässt ihn eintreten, und die Chefin verzieht angewidert das Gesicht.

Jona Vark: "Man kann Sie wohl allem Anschein nach keine Sekunde aus den Augen lassen. Wie sehen Sie schon wieder aus?"

Arrow schaut sich im Büro um

Ignoriert Jonas unfreundliche Begrüßung.

Bemerkt nicht, wie seine Finger sich fester um die Maske krallen.

Verwundert nimmt er den Eichenholztisch der Chefin wahr.

Die wenigen Bilder an der Wand.

Die Schränke, die vor Ordnern und Akten beinahe zerbersten.

Es sieht alles genauso aus wie in Berlin.

Er lächelt verzagt.

Arrow: "Sind das die Blüten, die die Globalisierung treibt? Das, wovon im TV stets berichtet wird - Hotel- und Supermarktketten auf der ganzen Welt richten sich gleich ein, damit man sich überall zurecht findet und sich immer wie Zuhause fühlt? Brauchen Sie das? Diese Sicherheit, diese Konstanz in unserem unsicheren Business?"

Er lacht leise.

Nicht unsympathisch.

Wartet keine Antwort ab.

Fährt sich mit der freien Hand durch die bronzefarbenen Haare.

Murmelt leise zu sich selber.

Arrow: "Natürlich ist es das. Jeder braucht diese Sicherheit. Jeder braucht sein Schneckenhaus, das Sicherheit gewährt bis der riesenhafte Stiefel kommt und es knirschend zerquetscht, nicht wahr?"

Und schon sind wir wieder an dem Punkt, an dem seine Finger

die Maske kneten und zerraufen.

Er bemerkt es, hält inne.

Jona Vark: "Bitte machen Sie es kurz, ich bin sehr beschäftig. Also... was wollen Sie dieses Mal von mir?"

Mister Joshua betrachtet Arrows Bewegungen mit der Maske genauer.

Der Blick der Lüge wandert zwischen seiner Chefin und deren Bodyguard hin und her.

Er lächelt matt.

Die Blutung an seiner Stirn verkrustet allmählich.

Für einen Moment genießt er die erwartungsvolle Stille im Raum.

Dann erklingt seine Stimme, erstaunlich

durchschnittlich.

Arrow: "Ich habe mich gefragt,wohin unser gemeinsamer Weg uns verschlägt. Jetzt, wo wir unsere Gefallen abgegolten haben und ..."

Die CEO hebt unvermittelt die Hand.

Jona Vark: "Stop! Hier ist rein gar nichts abgegolten. Wenn ich mich recht entsinne, haben Sie meine 'Bitte' abgelehnt und dann eigenmächtig entschieden, doch am Rumble Match teilzunehmen."

Die Augen der Lüge quellen aus ihren Höhlen.

Unbewusst kratzt er die Kruste an der Stirn wieder auf.

Scheint all den Hass und die Wut und das getrocknete Blut aus der Maske zu wringen.

Mister Joshua spannt sich deutlich an.

Arrows Blick fixiert Jona Vark, als er einen Schritt näher an den Eichholztisch tritt.

Arrow: "Wiederholen Sie das."

Sie widersteht seinem Blick.

Jona Vark: "Ich denke, Sie haben mich genau verstanden. Es besteht somit keine Veranlassung meine eindeutigen Worte zu wiederholen."

Arrow: "Ich habe nicht getan, was Sie gefordert haben? War ich etwa nicht in diesem verdammten Rumble-Match, an dem ich überhaupt nicht teilnehmen wollte? Habe ich nicht genau das getan, was Sie wollten und brauchten, um ihr beschissenes Oberwasser über die XAW zu behalten?"

Er geifert.

Zittert.

Die Maske ist zu so etwas wie einem Knetball geworden.

Mister Joshua macht einen großen Schritt in Arrows Richtung.

Jona Vark sortiert unbeteiligt einen Blätterstapel von links nach rechts.

Die Stimme der Lüge zittert.

Das hier ... das kann nicht sein.

Arrow: "Abeytu. Der verfickte Kuchen. Kanehara. Ich habe im Alleingang Ihre drei größten Probleme aus dem Rumble entfernt. Ich habe sie gebissen, geschlagen, getreten, vernichtet. Jeden einzelnen. Der Native unter der Führung von Collins? Zerstört. Die Abschiedstour von RM? Ich war das fucking Tourfinale. Kanehara, die große kalifornische Hoffnung? Nur der Dreck unter meinen Nägeln. Eine lästige Fliege. Und jetzt behaupten Sie, das hätte Ihnen nicht ... gefallen?"

Sie weicht seinem Blick weiterhin nicht aus.

Jona Vark: "Oh, bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Es hat mir sogar SEHR gefallen. Aber ein Gefallen ist nach meiner Auffassung dann abgegolten, wenn er gewährt wird. Und das wurde er auf meine Bitte zuerst nicht. Also... "

Sie lächelt. Kalt.

Jona Vark: "Schulden Sie mir DIESEN Gefallen immer noch."

Die Lüge wendet sich ab.

Sackt zusammen.

Als er sich wieder umdreht,

ist die Maske nicht mehr in seiner Hand.

Ist sein Gesicht das eines traurigen japanischen Mädchens.

Ist seine Stimme ein rostiger Nagel im Trommelfell.

Arrow: "Ohhhh ... wir tanzen weiter unseren Tanz, Miss Vark, richtig? Schüchtern einen Schritt zurück, forsch einen Schritt nach vorn. Das alles hier ist nur ein weiterer Teil unseres ewig weilenden Spiels, richtig?"

Unerwartet macht er einen Schritt in die Richtung von Mister Joshua.

Greift mit einem Finger unter die Halterung von dessen Augenklappe.

Lässt sie ihm ins Gesicht fletschen.

Der blinzelt.

Verwirrt.

Doch dann.

Mister Joshua: "Das war ein großer Fehler."

Die massigen Hände heben sich... doch...

Jona Vark: "STOP!"

Hallt es durch das Büro. Und tatsächlich hält der große Mann inne.

Jona Vark: "Es gibt nichts mehr zu sagen. Der Gefallen hat weiterhin Bestand. Und nun gehen Sie, Mister Arrow. GEHEN SIE!"

Die Lüge weicht in winzigen Rückwärtsschritten zurück zur Tür.

Lacht lauthals auf.

Dann bleibt er stehen.

Stille umhüllt die Situation.

Jetzt müsste es jeden Moment so weit sein.

Dann ...

... ein Vibrieren, das die Stille zerstört.

Arrow langt in seine Hosentasche.

Befördert sein Handy hevor.

Nimmt ab.

Lauscht kurz.

Steckt es weg.

Klatscht in kindlicher Freude in die Hände.

Hebt den Zeigefinger in die Luft.

Blickt in das sprachlose Gesicht seiner Chefin.

In das wutgerötete Auge ihres Bodyguards.

Seine Stimme - ein grelles Kreischen.

Arrow: "Es hat geklappt. Wir sind soweit. JETZT ..."

Er tänzelt im Kreis.

Befördert die Benson & Hedges zutage, die er soeben angewidert weggesteckt hatte.

Sie sieht etwas derangiert aus.

Zündet sie dennoch an.

Ein tiefer Zug, mitten in die Fassungslosigkeit von Jona Vark und Mister Joshua hinein.

Wendet sich ab.

Verlässt den Raum.

Während die Tür zuschlägt, hört man die vor Lachen schreiende Stimme der Lüge durch die Gänge schallen.

Arrow: " ... dreht und dreht sich die Gewaltspirale, was ein wunderbares Karussell!"

Die Tür fällt ins Schloss.

Von Arrow bleibt nur noch

eine verschwindende Wolke blauen Qualms.


Mike Garland: "WAS? WAR. DAS?!"

Vincent Craven: "Ehrlich gesagt, verstehe ich Jona Vark hier auch nicht. Sie will weiterhin einen Gefallen bei Arrow gut haben - und die Lüge? Die scheint das sogar noch zu freuen..."

Mike Garland: "Jona kratzt eben nach jedem Strohhalm, wenn es gegen die XAW geht. Da kann ihr ein Gefallen von Arrow sicher mal irgendwo helfen - was JRA allerdings angeht, da bin ich auch überfragt."

Vincent Craven: "Hörte sich jedenfalls nicht nach großer Vernunft an, die ihn umgibt."

Mike Garland: "Nicht wirklich... Vielleicht haben die Red Queen Rangers eben ein bisschen zu hart zugeschlagen."

Vincent Craven: "Mmh, glaube der war schon immer so."

Mike Garland: "Stimmt wohl. Aber was heißt das jetzt für unseren Main Event?!"

Vincent Craven: "Abwarten, Mike. Bis dahin schalten wir nochmal um... eine Live-Schalte vom Hafen. Na, bitteschön!"



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